Was verstehen wir unter einem Fachwerkhaus?
Das Fachwerkhaus wird im Holzskelettbau errichtet, welcher das Fachwerkhaus durch verstrebte Holzbalken trägt. Die schräg eingebauten Holz-Streben steifen das Skelett horizontal aus. Dadurch entstehen zwischen den einzelnen Holz-Streben sogenannte Gefache (Zwischenräume). Die so entstandenen Zwischenräume werden mit Back-oder Bruchsteinen ausgemauert, können jedoch auch mit Lehm verputztem Holzgeflecht, Glas oder Dämmstoffen ausgefacht werden. Für die Holz-Streben wird meist Eichenholz, teils auch Tanne, verwendet.
Verwandt ist die Fachwerkbauweise mit der Holzständerbauweise, die aus dem Fertighaussektor bekannt ist. Der Fachwerkbau hat sich aus der, vergleichsweise primitiven, Pfostenbauweise heraus entwickelt. Aus dem Fachwerkbau wiederum hat sich die Holzrahmenbauweise als deren moderner Nachfolger entwickelt. Der Begriff Fachwerk findet erstmals durch den römischen Architekten Vitruv 33 vor Christus Erwähnung, der Begriff Fach steht für die technische Bezeichnung der Gefache (Zwischenräume).
Die Historie des Fachwerkhauses
Die bis heute praktizierte Fachwerktechnik im Hausbau wird erst in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts so richtig greifbar. Der auf Schwelbalken errichtete Fachwerkbau ist bis ins 19. Jahrhundert die meist verbreitete Bauweise für Hochbauten in Teilen Frankreichs, Skandinaviens, Englands sowie in Deutschland. Auch sind aus Regionen von Syrien bis Bulgarien und dem ehemaligen Osmanischen Reich Fachwerkbauten bekannt.
Im 13. Jahrhundert löste die Holzständerbauweise die Pfostenbauweise ab. Dies geschah vor allem aufgrund der Fäulnisbildung an den im Erdreich eingegrabenen Pfosten, was zunehmend zu Problemen bei der Stabilität führte. Während des 15. Jahrhunderts hat die Geschichte des Fachwerkhauses, wie wir es heute kennen, begonnen. Erst in dieser Phase der Entwicklung wurden die Ständer auf durchgehende Schwellen gesetzt und durch ein Fundament gegen Feuchtigkeit geschützt. Mit diesem Schritt war die Entwicklung des Fachwerks in seinen Grundzügen abgeschlossen.
Dass Fachwerkhäuser etwas „aus der Mode“ gekommen waren, hing zum einen damit zusammen, dass sie als überdurchschnittlich brandanfällig galten und zum anderen damit, dass die Kosten für alternative Bauweisen deutlich geringer waren. Heute werden Fachwerkbauten, angelehnt an die historische Fachwerkbauweise in Kombination mit moderner Haustechnik und unter Einhaltung der Energiesparverordnung, realisiert. Auch im Hinblick auf die Kosten wird häufig nur in Anlehnung an den klassischen Fachwerkbau gebaut. Ein reines Fachwerkhaus ist etwas für wahre Liebhaber, die keine Kosten scheuen.
Material und Konstruktion von Fachwerkhäusern
Holz ist sozusagen der Haupt-Baustoff im Fachwerkbau. In Gegenden mit überwiegendem Nadelholzbestand werden Tannen verwendet, alternativ kommen meist Trauben- oder Steileichen zum Einsatz. Diese Holzarten haben eines gemeinsam: Sie widerstehen unter der Voraussetzung eines konstruktiven Holzschutzes Fäulnis und sie sind witterungsbeständig. Um die Zwischenräume auszufachen, können verschiedene Materialien verwendet und verschiedene Techniken angewandt werden:
- Ausgemauert beziehungsweise verputzt wird mit Porenbeton, Backsteinen, Lehmbausteinen oder Bruchsteinen
- Lehmwickel mit Lehm- oder Kalkputz,
- Flechtwerk mit Lehmbewurf, sogenannte Klaiben
Wichtig ist bei der Ausfachung der Gefache zum einen, dass die Baustoffe mit dem Holz harmonieren und zum anderen muss gewährleistet sein, dass Feuchtigkeit nach Außen entweichen kann. Das Holzgeflecht besteht neben biegsamen Ruten (zum Beispiel aus Weidenholz), sogenannten Fachgerten, aus festen Hölzern (Lehmstaken).
Die verschiedenen Bauteile der Fachwerkkonstruktion
In jeder Form der Skelettbauweise, so auch im Fachwerkbau, dient das Skelett der Stabilität. Die einzelnen Hölzern übernehmen allerdings verschiedene Funktionen:
- Die senkrechten Balken tragen die Lasten der Konstruktion, grenzen Türen und Fenster ab und bestimmen die Geschosshöhe. Diese Holzbalken werden als Pfosten, Stütze, Ständer, Stab oder Stiel bezeichnet.
- Bei den schräg stehenden Holzbalken spricht man von Schwertung oder Strebe. Diese Balken leiten die Lasten ins Fundament beziehungsweise in den Boden ab. Darüber hinaus dienen sie der Aussteifung. Sogenannte Schräghölzer zeigen idealerweise immer mit dem oberen Ende nach außen.
- Die waagerechten Holzbalken werden als Rähm, Schwelle, Pfette oder Riegel bezeichnet. Sie schließen Geschosse, Türen sowie Fenster nach oben und unten ab und sie verteilen die Lasten gleichmäßig auf die vertikalen Holzbalken.
- Die in einem 45 °-Winkel verlaufenden Holzbalken nennt man Bug oder Bänder. Sie verbinden die senkrecht aufeinander stehenden Teile und dienen der Querstabilisierung.
Um das Haus optimal vor auftretenden Windkräften zu schützen, sind Streben häufig symmetrisch angeordnet und zeigen nach oben. Die Verbindung von aufeinandertreffenden Teilen wird meist durch Verzapfen gesichert oder es werden Holznägel eingeschlagen. Die verwendeten Holznägel stehen über, sie sind länger als die Stärke des Balkens. Die einzelnen Bauteile werden beim Zuschnitt mit sogenannten Abbundzeichen zum richtigen Aufbau markiert. Fachwerkkonstruktionen lassen sich, wie bei der Modulbauweise, auf diese Art ab- und wieder aufbauen.
Wie wurden Fachwerkhäuser künstlerisch ausgestaltet?
Fachwerkhäuser wurden häufig geschmückt, in künstlerischer Weise ausgestaltet. Je nach Erbauungszeit und Region ist dieses Schmücken von Fachwerkhäusern stärker oder weniger stark ausgeprägt. Darüber hinaus tragen die einzelnen Ausgestaltungen je nach Region unterschiedliche Bezeichnungen. Das Schmücken von Fachwerkhäusern kann wie folgt aussehen:
- Einfügen zusätzlicher Hölzer zur Zierde (statisch unwirksam)
- Schnitzen und Bemalung der verwendeten Hölzer
- Individuelle Anordnung tragender und aussteifender Balken
- Farbliche Einfassung der Gefache
Einige der bekanntesten Schmuckformen im Fachwerkbau:
- Andreaskreuz
- Bundwerk
- Inschriften (zum Beispiel „Nisi Dominus Frustra; Psalm 127“)
- Fächerrosette (etwa 1535–1560)
- Knaggen (die Konsolen) verziert mit Voluten- und Rollformen, Heiligenfiguren oder Kerben
- Laubstab
- Wilder Mann, Variante eines Strebenkreuzes
- Pyramidenbalkenkopf
- Schiffskehle
- Tauband (ein Zierstab mit rundem Querschnitt, gedreht wie ein Tau)
Welche Haustypen lassen sich im Fachwerkstil realisieren?
Generell lässt sich die Fachwerkbauweise für die Errichtung sehr unterschiedlicher Haustypen anwenden. Es lassen sich sowohl Mehrfamilien- un Einfamilienhäuser, Landhäuser, Reihenhäuser oder Bungalows als Fachwerkhaus realisieren.
Ausnahmen bilden allerdings spezielle Baustile oder Haustypen wie die eines Schwedenhauses oder amerikanischen Holzhauses. Auch lässt sich keine mediterrane Stadtvilla im Fachwerkbaustil errichten. Neben diesen baulichen Ausnahmen werden aufgrund der immensen Kosten heute üblicherweise kaum mehr Fachwerkhäuser errichtet.