Was ist eine Abwasserhebeanlage?
Was ist eine Abwasserhebeanlage?
Eine Abwasserhebeanlage ist eine technische Vorrichtung, die Abwasser, das unterhalb der Rückstauebene (RSTE) anfällt, an einen Punkt befördert, an dem die Schwerkraft wieder übernimmt und das Abwasser in den öffentlichen Kanal abfließen lässt.
Rückstauebene | Die Rückstauebene ist in der Regel auf Höhe Oberkante Straße, kann von den Behörden aber auch anders festgelegt werden. Detailliertere Informationen finden Sie hier: Was ist die Rückstauebene? |
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Eine Abwasserhebeanlage dient auch als Rückstausicherung bei Überlastung der Kanalisation, wenn beispielsweise durch Starkregen die Entwässerungssysteme volllaufen oder ein Schmutzwasserkanal verstopft ist. Die Abwasserhebeanlage verhindert in solchen Fällen, dass das Abwasser aus der Kanalisation zurück ins Haus gedrückt wird. Jede Grundstücks- und Gebäudefläche, die ans Abwassernetz angeschlossen ist, muss gegen die Folgen eines Rückstaus gesichert sein, so schreibt es der Gesetzgeber vor. Neben Abwasserhebeanlagen gibt es auch Rückstauverschlüsse als Rückstausicherung. Rückstauverschlüsse sind jedoch auf ein sehr enges Einsatzgebiet begrenzt
Wann wird eine Abwasserhebeanlage benötigt?
Eine Abwasserhebeanlage wird dann benötigt, wenn Abwasser unter der Rückstauebene anfällt – beispielsweise durch eine Toilette, eine Dusche oder eine Waschmaschine im Keller – und kein natürliches Gefälle zum Kanal hergestellt werden kann, das den Abfluss des Abwassers ermöglicht.
Doch auch wenn ein natürliches Gefälle zum Kanal besteht, kann eine Abwasserhebeanlage notwendig werden: als Rückstausicherung, wenn
- Räume, die unterhalb der Rückstauebene liegen, dauerhaft bewohnt werden; beispielsweise eine Souterrainwohnung.
- im Keller hochwertige Wirtschaftsgüter lagern.
- Ablaufstellen im Keller unverzichtbar sind; beispielsweise, wenn die Toiletten eines Restaurants nur im Keller untergebracht werden können.
- Überläufe von Regenwassersammelbehältern vorhanden sind, die in einen Mischwasserkanal eingeleitet werden müssen.
Wichtig! | Abwässer, die oberhalb der Rückstauebene anfallen und somit durch die Schwerkraft abgeführt werden können, dürfen nicht über die Abwasserhebeanlage abgeleitet werden – außer in Ausnahmefällen, wie Sanierungsarbeiten. |
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Wie funktioniert eine Abwasserhebeanlage?
Bestandteile einer Abwasserhebeanlage
Üblicherweise besteht eine Abwasserhebeanlage im Groben aus
- einem Sammelbehälter, dem Abwassertank (auch Pumpensumpf genannt), in den das Abwasser fließt,
- einem oder mehrerer Zulaufrohre,
- einer Pumpe,
- einer Druckleitung (auch Steigrohr genannt),
- einem Rücklauf- oder Rückschlagschutz,
- einem Lüftungsrohr.
Hat sich das Abwasser in dem Sammelbehälter bis zu einem gewissen Niveau angestaut, schaltet sich – ausgelöst durch einen Schwimmer oder Sensor – die Pumpe automatisch ein. Das Abwasser wird über eine senkrechte Druckleitung (Steigrohr) mit Rückstauschleife nach oben gepumpt und über die Rückstauebene zu den Abwasserleitungen angehoben. Von dort aus kann das Abwasser mittels Schwerkraft in die Kanalisation abfließen. Ist der Abwasserstand im Speicher wieder auf ein festgelegtes Level gesunken, hört die Pumpe automatisch auf zu arbeiten.
Da eine Abwasserhebeanlage das Schmutzwasser durch die Rückstauschleife über die Rückstauebene pumpt, kann die Anlage auch bei Rückstau aus dem Kanal weiterhin das Abwasser abführen.
Gut zu wissen | Die Planung und Bemessung von Abwasserhebeanlagen für fäkalienhaltiges oder fäkalienfreies Abwasser und Regenwasser regelt DIN EN 12056-4 (Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden). |
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Welche Arten von Abwasserhebeanlagen gibt es?
DIN EN 12050 (Abwasserhebeanlagen für die Gebäude- und Grundstücksentwässerung) teilt Abwasserhebeanlagen in folgende drei Typen ein:
Typ 1: Fäkalienhebeanlage
- Hebeanlage für fäkalienhaltiges Abwasser (Schwarzwasser); zum Beispiel für Abwasser aus Urinalen und Toiletten.
- Hebeanlage wird in Schächten innerhalb oder außerhalb des Gebäudes platziert
- Abwasser wird in geschlossenen Behältern gesammelt, die gas- und wasserdicht sind
- Abwasser wird mindestens 25 Zentimeter über die Rückstauebene gepumpt
- Fäkalienhebeanlagen gibt es mit Fäkalien- und ohne Fäkalienzerkleinerer, was Auswirkungen auf die notwendige Nennweite der Druckleitung hat (mit Fäkalienzerkleinerung ≥ DN 32, ohne Fäkalienzerkleinerung ≥ DN 80)
- Sammelbehälter einer Fäkalienhebeanlage muss übers Dach entlüftet werden
Typ 2: Schmutzwasserhebeanlage
- Hebeanlage für fäkalienfreies, leicht verschmutztes Abwasser (Grauwasser); zum Beispiel für Abwasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen, Wasch- und Spülmaschinen sowie für Regenwasser
- Braucht keinen Fäkalienzerkleinerer
- Muss nicht in einem Schacht sein
- Muss nicht versiegelt sein, sondern kann mit einem öffenbaren Deckel verschlossen werden, der jedoch luftdicht schließt
- Nennweite der Druckrohrleitung ≥ DN 32
- Muss nicht unbedingt über das Dach entlüftet werden; nur wenn die Hebeanlage geruchsdicht verschlossen ist oder diese Möglichkeit für die Zukunft offengehalten werden soll
Typ 3: Fäkalienhebeanlage mit begrenzter Verwendung
- Hebeanlage für fäkalienhaltiges Abwasser bei begrenzter Verwendung, auch Kleinhebeanlage genannt
- Nicht für den Dauergebrauch geeignet
- Nur für die Entsorgung von Abwasser eines kleineren Personenkreises geeignet
- Darf nur eingebaut werden, wenn oberhalb der Rückstauebene eine weiter Toilette mit normalem Kanalisationsanschluss liegt
- An eine Kleinhebeanlage dürfen maximal ein WC, ein Bidet, ein Waschbecken und eine Badewanne direkt anschließen
- Die zu entwässernden Gegenstände müssen alle in einem Raum sein
Abwasserhebeanlage: Was ist eine Hybrid-Hebeanlage?
Für den Fall, dass ein natürliches Gefälle zum Kanal besteht, aber trotzdem eine Abwasserhebeanlage als Rückstausicherung notwendig ist, beispielsweise wegen einer Souterrainwohnung, gibt es inzwischen sogenannte Hybrid-Hebeanlagen. Sie nutzen im Normalbetrieb das natürliche Gefälle zum Kanal, bei Rückstau pumpen sie das Abwasser wie bei einer klassischen Hebeanlage über eine Rückstauschleife in den Kanal.