Verzögerungen beim Hausbau: Die besten Tipps für Bauherren
Welche Gründe können Verzögerungen haben?
Die Bandbreite an Hintergründen für Verzögerungen beim Hausbau ist riesig. Keinem Bauherrn ist die Insolvenz des Bauträgers zu wünschen oder die Tatsache, an eine dubiose Firma geraten zu sein. Ist dies der Fall, hilft vor allem nur eines: Sich direkt und sogleich kompetenten rechtlichen Rat zu suchen, um wenigstens noch etwas zu retten. Viel häufiger sind jedoch kleine Verzögerungen unterschiedlicher Art, die an sich kaum auffallen, aber in der Summe ein Projekt deutlich verzögern können:
- Witterung – selbst Fertighäuser lassen sich nicht bei Wind und Wetter errichten. Ist es nicht möglich, die Bodenplatte zu gießen, kann der Bau nicht beginnen. Grundsätzlich sind Sturm, Regen und Schnee bis heute die Feinde einer jeden Baustelle.
- Lieferschwierigkeiten - zum Glück haben sich die großen Lieferkettenproblematiken langsam beruhigt, dennoch gibt es weiterhin Lieferschwierigkeiten. Nicht selten sind sie auf den gestiegenen Kosten aufgebaut. Muss Material nachbestellt werden und kostet dieses nun fünfzig Prozent mehr als eingeplant, entsteht direkt ein zeitliches und finanzielles Problem.
- Personalausfall – Handwerker sind, je nach Region, rar gesät. Da kann ein simpler Handbruch schon einmal dafür sorgen, dass ein Gewerk auf der Baustelle praktisch stillsteht, denn viele Handwerksbetriebe arbeiten längst am Limit und können Ausfälle nicht mal eben kompensieren.
- Änderungen – trotz moderner Techniken ist es für einen Laien oft schwer, sich das Haus in der Realität vorzustellen. Änderungswünsche, und sei es nur eine abgeänderte Treppe ins Obergeschoss, kosten immens Zeit, da Bestellungen und Zeitpläne abgeändert werden müssen.
Eine andere Verzögerung ist häufig der Beliebtheit der sogenannten Ausbauhäuser oder Finanzierungen mit Eigenleistung geschuldet. Viele Bauherren unterschätzen die Arbeit, die wirklich anfällt. Wurde zuvor die Leistung der Familie und Freunde eingeplant, wird rasch festgestellt, dass die tatkräftigen Helfer nach einigen Wochenenden auf dem Bau wenig motiviert sind, ihre Freizeit ständig dem Bauprojekt zur Verfügung zu stellen. Wer nun umplanen muss oder merkt, dass einem die Arbeit über den Kopf wächst, steht direkt vor einer zeitlichen Verzögerung, denn die nun notwendigen Handwerker sind oft auch über Wochen ausgebucht.
Welche Probleme verursacht das?
Bei einem guten Hausbauprojekt ist stets ein zeitlicher Puffer eingeplant. Viele Bauherren erfahren davon nichts, doch seriöse Baufirmen addieren von sich aus Schonfristen ein – allein, um ihren eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ist dieser Puffer indes aufgebraucht und wird klar, dass kein angedachter Zeitrahmen eingehalten werden kann, stehen Bauherren vor einer schwierigen Lage:
Wohnraum
Zum Zeitpunkt X wurde der Einzug vertraglich zugesichert. Da die wenigsten Menschen in der Lage sind, einfach mal ihre bisherige Wohnung erst zur Zeit des tatsächlichen Einzugs zu kündigen, ist es wahrscheinlich, dass zwei Möglichkeiten bleiben: Wahlweise, man zieht in den unfertigen Bau, alternativ hofft man, dass die bisherige Wohnung noch ein oder zwei Monate länger bewohnt werden kann.
Kosten
Sämtliche Verzögerungen kosten Geld. Schon die verlängerte Miete fehlt bei der Kreditrate, wer gar in ein Hotel ziehen oder im unfertigen Bau Notlösungen schaffen muss, zahlt doppelt. Ist es nicht möglich, seine Güter bereits im Haus unterzustellen, kommen noch die Kosten für eine Einlagerung samt Transport dazu.
Bank
Sie wünscht sich die Kreditraten. Dazu werden Bereitstellungszinsen berechnet, die zu zahlen sind, wenn die Bank das Geld länger zur Verfügung halten muss. Ausgezahlt wird es erst, wenn signifikante Bauschritte vollzogen sind. Viele Kreditverträge bieten eine bereitstellungsfreie Zeit, doch ist diese aufgebraucht, werden die Zinskosten fällig. Bei einer durchschnittlichen Kreditsumme rund um den Hausbau von 300.000 Euro ist das ein hoher Betrag.
Zwischenfinanzierung
Mitunter wird auch sie notwendig. Gerade bei Bauvorhaben, bei denen die bisherige Miete eins zu eins in die Kreditrate eingehen soll, kann durch die Doppelbelastung durch die verlängerte Mietzeit ein finanzielles Loch entstehen, welches zwischenfinanziert werden muss.
Abseits der greifbaren und messbaren Folgen bergen Verzögerungen beim Hausbau jedoch auch eine große mentale Belastung für die Bauherren. Im Hinterkopf kommt schnell die Furcht auf, dass das Projekt noch vor der Einweihungsparty ins Wasser fallen könnte. Ist die Kommunikation mit der Baufirma schlecht, kommen rasch Ängste auf, dass die Firma nicht seriös arbeitet und man eventuell an einen Betrüger oder an einen insolventen Partner geraten ist.
Welche Strategien helfen?
Die Einplanung von Zeitpuffern ist essenziell, um am Ende keine bösen Überraschungen erleben zu müssen.
Wer für sich auch nur mal das Kinder- oder Wohnzimmer renoviert hat, der weiß: Irgendwas läuft immer schief und es dauert länger. Bei einem Bauprojekt sollte somit stets ein zeitlicher Puffer von zwei bis drei Monaten inkludiert werden – selbst, wenn das Haus fertig ist, kann es so lange dauern, bis endlich die Küche geliefert wird.
Ansonsten gilt:
Wohnungskündigung – Die Kündigung der Wohnung sollte grundsätzlich erst dann erfolgen, wenn absolut sicher ist, dass der Umzug zur angestrebten Zeit erfolgen kann. Tipp: Bei einer dreimonatigen Kündigungsfrist erst zwei Monate vor Auszug kündigen. So bleibt mehr Raum, um die Wohnung bequem zu renovieren, zudem können notfalls Kisten zwischengelagert werden, wenn beispielsweise die Küche zwei Wochen später kommt.
Finanzierung – sie sollte eine bereitstellungsfreie Zeit von mindestens zwölf, besser noch 18 Monaten enthalten. Während dieser Zeitspanne fallen keine Bereitstellungszinsen an, so dass Verzögerungen nicht zwangsläufig auch zu höheren Kosten führen müssen.
Zahlungen – während die Baufirma ohnehin auf Herz und Nieren geprüft werden sollte, gilt: Zahlungen an die Firma werden erst nach Inaugenscheinnahme eines fertigen Bauabschnitts geleistet. Oft geben Banken das Geld auch erst jeweils bei bestimmten erreichten Meilensteinen schrittweise frei. Sollte die Baufirma am Ende nicht mit offenen Karten spielen, bleibt Bauherren das Geld übrig, um selbst tätig zu werden.
Einlagerung – wird die Zeit sehr knapp, ist es ratsam, Möbel und Güter zwischenzeitlich einlagern zu lassen. Dieser Ratschlag ist gerade in den Fällen angeraten, wenn das Haus noch etliche offene Baustellen hat und dort untergestellte Möbel die Arbeiten nur noch mehr verzögern.
Sollte es übrigens zu großen Verzögerungen kommen, bietet sich die Investition in ein Gutachten an. Über dieses lassen sich einwandfrei vor Gericht der Verzug und eine eventuelle Überzahlung nachweisen. Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten Bauherren Bauverträge stets von einem unabhängigen Fachmann prüfen und auch die Baufirma checken lassen. In Bauverträgen genügen schon kleinste Formulierungen, um die Baufirma unschuldig wirken und Bauherren in die Misere schlittern zu lassen.
Wichtig | Eine Überprüfung kann niemals vor der höheren Gewalt schützen. Verzögert sich ein Bauprojekt, da durch eine Sturzflut die Zufahrtswege zum Ort fortgespült wurden oder fällt plötzlich drei Meter hoch Schnee, zählt das zu Verzögerungen, die die Baufirma nicht zu verantworten hat. Dasselbe gilt natürlich für Pandemien. |
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Fazit: Beruhigter bauen durch zeitliche Puffer
Natürlich. Wer ein Haus baut, möchte möglichst schon am selben Abend einziehen. Das ist verständlich, doch ist selbst bei Fertighäusern ein wenig Geduld gefragt. Verzögerungen sind möglich und durchaus wahrscheinlich. Bauherren sollten für sich somit einen zeitlichen Puffer einplanen und nicht direkt die Wohnung zum Wunschtermin kündigen.
Auch sind gute Finanzierungsverträge mit einer langen bereitstellungsfreien Zeit wichtig. Kommt es doch zum Äußersten, sind Strategien gefragt. Können die Möbelstücke zeitweise eingelagert werden? Können einige Arbeiten doch selbst ausgeführt (nach Rücksprache mit dem Anwalt) werden?