Nachhaltig statt kurzlebig: Das Massivhaus als bewusste ökologische Entscheidung
Unsere Aufmerksamkeitsspannen werden immer kürzer, Meetings immer flüchtiger und alles, was wir online kaufen, landet schon wenige Stunden danach bei uns zuhause. Es scheint, als liebten wir alles Schnelle, Eilige und Kurze und könnten mit Langfristigem nur noch wenig anfangen. Doch eine Ausnahme stellt dabei unser Zuhause dar. Denn, wenn es darum geht, uns ein Refugium zu schaffen, haben traditionelle Werte immer noch die Nase vorn. Und genau deswegen erleben Häuser in Massivbauweise eine Renaissance und lassen Fertigteilhäuser zunehmend alt aussehen.
Doch eines hat sich dabei verändert: Ging es früher dabei lediglich um die Tatsache, dass Massivhäuser länger halten, so rücken heute zwei weitere wichtige Aspekte in den Vordergrund: Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Aber wie nachhaltig und energieeffizient sind Massivbauhäuser wirklich? Wir haben uns die drei großen Bereiche Stein, Bindemittel und Energie angesehen.
Zwei Begriffe, die sich nicht decken
Wer mit dem Gedanken spielt, sich ein Massivhaus zu bauen, um der Umwelt Gutes zu tun, sollte sich zunächst mit den beiden Begriffen „Nachhaltigkeit“ und „Energieeffizienz“ beschäftigen, die oft als Synonyme verwendet werden, obwohl sich ihre Bedeutung nicht deckt. Ursprünglich ging es beim nachhaltigen Bauen um eine möglichst lange Haltbarkeit sowie Wirkung. Typische Massivhäuser aus Stein, die oft mehrere Generationen überdauern, waren somit per se nachhaltig. Doch damit ist es heute nicht mehr getan. Vielmehr geht es nun darum, ressourcenschonend zu bauen, nichts zu verschwenden und Materialien zu verwenden, die nachwachsen bzw. keine allzu langen Transportwege hinter sich haben. Im Fokus steht dabei also eine ausgeglichene Ökobilanz.
Energieeffizientes Bauen meint wiederum das Erreichen eines optimalen Input-Output-Verhältnisses in puncto Energieeinsatz. Dazu gehören Aspekte wie eine energieeffiziente Heizung, eine gute Wärmedämmung oder das generelle Einsparen von Energie. Die beiden Begriffe sind zwar keine absoluten Gegensätze, decken sich aber auch nicht zu 100 Prozent. Denn nicht jede nachhaltige Maßnahme verbessert zwingend die Energieeffizienz und umgekehrt.
Stein auf Stein – Wie ökologisch ist das?
Zu den wichtigsten Komponenten eines Massivhauses gehören Steine. Denn bei dieser Bauweise wird noch Stein auf Stein gebaut. Allerdings ist Stein nicht gleich Stein. Denn die Varianten unterscheiden sich in puncto Nachhaltigkeit und Energieeffizienz mitunter erheblich:
- Ziegelstein: Der Klassiker unter den Baumaterialien ist der Ziegelstein. Diese Steine bestehen aus einem reichlich vorhandenen natürlichen Rohstoff, halten lang und dämmen gut. Allerdings wird für ihre Herstellung viel Energie benötigt, was Kritiker bemängeln. In Summe ergibt sich jedoch eine weitgehend ausgeglichene Ökobilanz.
- Betonstein: Auch aus Beton können Steine für den Hausbau entstehen. Allerdings dient hierbei Zement als Ausgangsprodukt – und dieses weist per se eine schlechte Ökobilanz auf. Betonstein besitzt zudem nur eine durchschnittliche Haltbarkeit sowie eine schlechte Dämmwirkung und kann somit nicht als nachhaltig bezeichnet werden. Eine Alternative mit einer etwas besseren Ökobilanz ist Leichtbeton.
- Porenbetonstein: Porenbeton wird aus Sand, Kalk, Zement und Wasser hergestellt – also ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen. Er enthält keine Chemikalien oder Schadstoffe, was ihn zu einer umweltfreundlichen Wahl macht. Das Material bietet außerdem einen sehr guten Wärmeschutz.
- Kalksandstein: Natürlich und sehr fest – das trifft auf Kalksandstein zu. Außerdem punktet dieses Material mit einem mittleren Energieverbrauch und einer durchschnittlichen Haltbarkeit. Die Kehrseite der Medaille: Diese Alternative besitzt eine hohe Wärmeleitfähigkeit. Das heißt: Wer energieeffizient wohnen möchte, benötigt dabei eine zusätzliche Dämmung.
Wer ein Niedrigenergiehaus bauen möchte, hat es meist mit Leichtmauerwerk zu tun. Dazu zählen Porenbetonsteine, Leichtbetonsteine und Leichtlochziegel. Wer sich hingegen für ein schweres Mauerwerk entscheidet, etwa aus Beton, muss eine mehrschalige Wand berücksichtigen. Dadurch verkleinert sich auch die Wohnfläche. Für Passivhäuser gibt es eigene spezielle Richtlinien, bei denen vor allem ein hoher Wärmeschutz sowie eine hohe Luftdichtheit eine Rolle spielen. Daher kommen dabei meist Porenbetonstein oder Kalksandstein zum Einsatz.
Gängige Bindemittel unter der ökologischen Lupe
Doch mit den Steinen ist es noch nicht getan, es braucht auch Bindemittel. Und hierbei gibt es sowohl mineralische als auch organische. Zu den mineralischen Bindemitteln zählen Zement, Kalk, Lehm oder Gips. Unter die organischen Bindemittel fallen etwa Kunst- und Naturharze:
Zement
Schon seit Generationen bauen die Menschen sprichwörtlich auf Zement – doch dabei handelt es sich zugleich um eine der am wenigsten nachhaltigen Substanzen. Wie bereits erwähnt, wird für die Herstellung jede Menge Energie benötigt, was die Ökobilanz schmälert. Zugleich entsteht dabei schwermetallhaltige Flugasche.
Kunstharz
Genauso wie bei Zement, so sind auch bei Kunstharz die Ausgangsstoffe natürlich. Doch auch dessen Herstellung verschlingt viel Energie und es kommt zu umweltkritischen chemischen Verbindungen. Kunstharz kann also ebenso mit keiner guten Ökobilanz punkten.
Kalk und Gips
Kalk und Gips sind zwei natürliche Materialien, die beide aus schadstofffreiem Calciumcarbonat bestehen. Zwar benötigt Kalk bei der Herstellung etwas mehr Energie als Gips, in Summe aber immer noch bedeutend weniger als Zement.
Lehm
Einer der ältesten Baustoffe, auf den auch unsere Vorfahren schon zurückgriffen, ist Lehm. Dieses natürliche Bindemittel ist äußerst nachhaltig, doch hat einen großen Nachteil: Es ist nicht feuchtigkeitsbeständig. Somit fällt es für äußere Komponenten weg.
Energiemanagement: Was braucht es noch für ein nachhaltiges Haus?
Ein dritter großer Punkt, der ebenso gleich zu Beginn des Hausbaus aufpoppt, ist das Thema Energie. Und hierbei kommt es einmal mehr auf die individuelle Entscheidung an, wie nachhaltig und energieeffizient das Zuhause letztendlich wird. Ein paar Aspekte werden dabei immer wichtiger:
- Optimaler Wärmeschutz: Das A und O ist ein optimaler Wärmeschutz der Gebäudehülle. Denn ist dieser nicht gegeben, bringen auch die nachfolgenden Maßnahmen wenig. Das heißt: Außenwände, Dach, Kellerdecke und oberste Geschossdecke müssen gut gedämmt sein. Auch die Fenster müssen über einen hervorragenden Wärmeschutz verfügen.
- Luftdichte Gebäudehülle: Dieser Punkt ist eng mit dem vorangegangenen verbunden, denn eine luftdichte Gebäudehülle sorgt dafür, dass die Dämmung optimal funktioniert und die Wärme auch tatsächlich im Haus bleibt. Ebenso wirkt sie Tauwasser in der Baukonstruktion entgegen, wodurch Bauschäden minimiert werden.
- Erneuerbare Energien: Wichtig bei einem nachhaltigen und energieeffizienten Haus ist auch die Nutzung erneuerbarer Energien. Ganz egal, ob es sich nun um eine Solarthermie handelt, ob die Hausbesitzer mit nachhaltigem Holz heizen oder auf eine Wärmepumpe setzen – je mehr Maßnahmen getätigt werden, desto besser.
- Wohnraumlüftung: In den vergangenen Jahren haben sich zudem Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung etabliert, denn Häuser, die damit ausgestattet werden, profitieren von einer zusätzlichen Energieeinsparung und dem richtigen Maß an Frischluft. Ebenso bleiben Straßenstaub, Pollen oder Insekten draußen, während gleichzeitig feuchte Luft, etwa aus dem Badezimmer, nach außen transportiert wird. Das beugt wiederum Schimmel vor.
- Intelligente Haussteuerung: Wieviel Strom produziert meine Photovoltaik-Anlage am Dach? Wie steht es um meine Pelletsheizung? Und wie viel Energie hat meine Familie in diesem Monat verbraucht? Um all das im Blick zu haben, wurden intelligente Haussteuerungen entwickelt, die ebenso auf dem Vormarsch sind. So haben Hausbesitzer alles im Blick.