Was ist ein Innenarchitekt / eine Innenarchitektin?
Wer darf sich Innenarchitekt:in nennen?
In Deutschland ist die Berufsbezeichnung Innenarchitekt:in durch die Landesarchitektengesetze geschützt und darf nur führen, wer Mitglied in einer der Architektenkammern ist – also auf einer Architektenliste steht. Dabei ist der Eintrag in die Architektenliste in den jeweiligen Landesarchitektengesetzten klar geregelt: Grundvoraussetzung ist ein erfolgreich abgeschlossenes Innenarchitekturstudium sowie eine Praxisphase im Anschluss, die üblicherweise zwei Jahre dauert. Während dieser Zeit muss in allen wesentlichen Bereichen mitgearbeitet und eine bestimmte Fortbildungsstundenzahl erbracht worden sein. Auch nach dem Eintrag in die Architektenkammer sind Innenarchitekten dazu verpflichtet, sich kontinuierlich fortzubilden.
Achtung! | Wer sich Innenarchitekt:in nennt, ohne die jeweils festgelegten Vorschriften zu erfüllen, verstößt gegen das Gesetz. Dies gilt auch für Wortverbindungen, in denen Innenarchitektur oder Innenarchitekt:in vorkommen. |
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Wer in eine Architektenliste eingetragen ist, hat auch die Berechtigung zur Bauvorlage. Bauvorlagen sind alle Unterlagen, die für die Einreichung eines Bauantrags bei den zuständigen Behörden erforderlichen sind. Innenarchitekt:innen haben grundsätzlich eine eingeschränkte Bauvorlagenberechtigung, wobei unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen möglich sind.
Hinweis: | Häufig ist der Begriff Interior Designer zu lesen. Dieser ist jedoch im Gegensatz zu Innenarchitekt:in keine geschützte Berufsbezeichnung. Wer sich so nennt, hat nicht unbedingt Innenarchitektur studiert und sind in der Regel nicht bauvorlageberechtigt, dürfen also keine Bauanträge stellen. |
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Was machen Innenarchitekt:innen?
Innenarchitekt:innen dürfen und können trotz der eingeschränkten Bauvorlageberechtigung viel mehr, als sich die meisten Bauherr:innen vorstellen. Das Berufsbild geht weit über die Auswahl passender Möbel, Textilien und Farben hinaus. Innenarchitekt:innen können die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Innenräumen und den damit verbundenen baulichen Änderungen von Gebäuden vornehmen – und das sowohl bei Neu- als auch Bestandsbauten.
Geregelt ist die Berufsaufgabe von Innenarchitekt:innen im Architektengesetz der jeweiligen Bundesländer. Im Grundsatz ähneln sie sich alle.
Berufsaufgabe des Innenarchitekten ist die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Innenräumen.
(Baden-Württembergisches Architektengesetz (§1, Abs. 2))
Erweitert wird die Aufgabe durch das jeweilig Architektengesetz oder die Bauordnung. Dadurch ist Innenarchitekt:innen auch die mit der Innenraumplanung verbundene notwendige (bauliche) Änderungen von Gebäuden gestattet.
Bauvorlageberechtigt ist ferner, wer Ingenieurin oder Ingenieur der Fachrichtung Innenausbau ist und eine praktische Tätigkeit in dieser Fachrichtung von mindestens zwei Jahren ausgeübt hat, für die Planung von Innenräumen und die damit verbundenen baulichen Änderungen von Gebäuden; (...)
(Bayerische Bauordnung (BayBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007, Art. 61 Bauvorlageberechtigung, Abs. 4, Nr. 5.)
Bauliche Veränderungen von Gebäuden, die durch die Änderung von Innenräumen bedingt sind, können zum Beispiel sein:
- Bauliche Änderungen an der Fassade; dazu zählen auch die Anbringung von Wärmedämmung und Bekleidungen sowie das Einsetzen und Ändern beispielsweise von Türen und Fenstern
- Anbringung von Bauteilen wie Balkonen, Dachgauben und Wintergärten oder von Bauteilen, die einen barrierefreien Zugang zu einem Innenraum ermöglichen – zum Beispiel Rampen und Aufzüge
- Anbauten
- Aufstockungen beziehungsweise Dachgeschossausbauten und damit einhergehende Veränderungen der Dachform- und neigung
Hinweis: | Innenarchitektt:in und Raumausstatter:in sind zwei verschiedene Berufe, die jedoch Hand in Hand arbeiten können: Während Innenarchitekt:innen Gesamtkonzepte entwerfen, führen Raumausstatter:innen Konzepte aus. Unter anderem können sie maßgeschneiderte Vorhänge fertigen, Böden verlegen und Sofas neu aufpolstern. |
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In welchen Bereichen arbeiten Innenarchitekt:innen?
Bereich | Beispiele |
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Wohnungsbau | Tiny Houses (Minihäuser), Einfamilien- oder Mehrfamilienhäuser, Geschosswohnungsbauten, Teilbereiche wie Küchen oder Bäder |
Hotelerie und Gastronomie | Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Hotels, Restaurants, Bars |
Handel und Gewerbe | Supermärkte, Modegeschäfte, Fachgeschäfte, Lagerhallen |
Ausstellung und Präsentation | Messestände, Museen, Schaufenster |
Freizeit- und Wellnesseinrichtungen | Schwimmbäde, Freizeitparks, Sportstätten |
Kultureinrichtungen | Kinos, Theater, Sakralbauten wie Kirchen, Versammlungsstätten wie Gemeindesäle |
Design | Leuchten, Möbel, Produkte |
Gesundheits- und Betreuungseinrichtungen | Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rehaeinrichtungen, Senioren- und Pflegeheime |
Bildungs- und Forschungseinrichtungen | Hoch-/Schulen, Akademien, Institute |
Verwaltung | Banken, Behörden, Büros, Teilbereiche wie Eingang, Arbeitsplatz, Konferenz- und Schulungsräume |
Verkehrseinrichtungen | Bahnhöfe, Flughäfen |
Mobiles | Autos, Schiffe, Flugzeuge, Wohnwagen |
Wo können Innenarchitekt:innen noch tätig sein?
Tatigkeitsfeld | Beispiele |
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Beratung | Projektsteuerung, ökologische und baubiologische Beratung, Wohnberatung |
Visualisierung | Modellbau, computergenerierte 3D Animationoen, Fotografie, Zeichnungen, Skizzen |
Home Staging | Immobilien für den Verkauf herrichten |
Fachplanung | Lichtplanung, Küchenplanung |
Denkmalpflege | Erfassen des Bestandes, Erarbeiten neuer Nutzungskonzeptionen |
Machbarkeitsstudien vor Beginn der Planungsphase | Prüfen, ob ein Projekt realisierbar ist |
Facility Management | Gebäudemanagement – also die Verwaltung und Bewirtschaftung eines Gebäudes – während der Nutzungsphase |
Sachverständigenwesen | Entweder als staatlich anerkannte Sachverständige oder als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige |
Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordination | SiGe-Koordinator:innen haben die erforderlichen Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes festzulegen, zu koordinieren und ihre Einhaltung zu überprüfen (vgl. Baustellenverordnung BaustellV, §3). |
Kommunikation | Journalistische Tätigkeiten, Halten von Seminaren und Vorträgen, Öffentlichkeitsarbeit in einem Architektur-/Innenarchitekturbüro |
Forschung | Erforschen von Zukunftstrends, Materialforschung |
Lehre | Unterrichten an Hochschulen |
Wie arbeiten Innenarchitekt:innen?
Genauso wie Architekten arbeiten auch Innenarchitekt:innen nach den anerkannten Regeln der Baukunst und Technik auf der gesetzlichen Grundlage der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Für ihren Aufgabenbereich sind sie Treuhänder des Auftraggebers – also des Bauherren, und vertreten somit seine Interessen. Sie sind hauptverantwortlich bei der Baumaßnahme und koordinieren die Prozesse. So stimmen Innenarchitekt:innen alle beteiligten Fachdisziplinen untereinander und mit ihrem Planungs- und Gestaltungskonzept ab. Hierzu zählen unter anderem Statik, Gebäudetechnik, Brandschutz und Bauphysik.
Am Anfang eines Projektes setzten sich Innenarchitekt:innen intensiv mit den Menschen auseinander, die die geplanten Räume nutzen werden. Damit diese sich später in den von ihnen genutzten Räumen wohl fühlen, sollten psychische und soziale Aspekte verantwortungsvoll im Planungsprozess mit aufgegriffen werden. Zugleich sollte eine wirtschaftliche und ökologische Ausführung angestrebt werden – unter Berücksichtigung technischer und konstruktiver Zusammenhänge.
Zu den wichtigsten Werkzeugen von Innenarchitekt:innen zählen Material, Farbe und Licht.
Wo sind Innenarchitekt:innen angestellt?
- in Innen-/Architekturbüros
- in Ingenieurbüros für technische Fachplanung und Design
- in Industrie- oder Möbeldesignunternehmen
- bei Raumausstattungsbetrieben
- bei Möbelherstellern
- bei Bauträgern
- bei Denkmalschutzbehörden
- bei Messebauunternehmen
- in Redaktionen
- an Hochschulen
- an Theatern
- bei Film- und Fernsehen
Wie finde und beauftrage ich das passende Innenarchitekturbüro?
Da Innenarchitektur im Gegensatz zu Kleidung oder Lebensmitteln kein fertiges Produkt ist, sondern erst nach der Beauftragung entsteht, gilt es, sich vorher gut über den zur Auswahl stehenden Innenarchitekten / die Innenarchitektin zu informieren.
Folgende Aspekte können Sie anhand von realisierten Referenzobjekten und der Eigendarstellung des Büros prüfen:
- Kosten- und Termineinhaltung
- Nutzungsorientierung
- kommunikative und soziale Kompetenz
- Gestaltungssprache / Stil
Haben Sie das passende Büro gefunden, sollten Sie auf jeden Fall einen schriftlichen Architektenvertrag abschließen. Darin sollten unter anderem die
- Aufgabenstellung,
- der Leistungsumfang
- und die Honorierung auf Grundlage der HOAI
festgehalten sein.
Ebenfalls empfehlenswert ist der Abschluss eines eigenständigen Vorplanungsvertrages. In der Vorplanung sollte Folgendes stattfinden:
- Grundlagenermittlung
- Bestimmung der Aufgabenstellung als Basis einer konkreten Projektabwicklung
- erste planerische Überlegungen und Wünsche auf ihre Machbarkeit überprüfen
Wie wird man Innenarchitekt:in?
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Schritt: Fachhochschulreife absolvieren
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Schritt: An Hochschulen bewerben – meist sind im Bewerbungsprozess Mappen- und Eignungsprüfungen zu durchlaufen
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Schritt: 6- bis 8-semestriges Bachelorstudium der Innenarchitektur absolvieren
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Schritt (optional): 2- bis 4-semestriger Masterstudiengang anschließen (zum Beispiel, um die Mindeststudienzeit für den Eintrag in die Architektenkammer zu erfüllen, wie lange diese ist, hängt vom jeweiligen Bundesland ab)
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Schritt: Berufserfahrung sammeln (Ob das notwendig ist und wenn ja, wie lange die Berufserfahrung sein muss, ist abhängig vom jeweiligen Bundesland beziehungsweise der jeweiligen Architektenkammer.)
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Einrag in die Architektenkammer beziehungsweise auf die Architektenliste, Erhalt der (eingeschränkten) Bauvorlageberechtigung und Erhalt der offiziellen Berufsbezeichnung Innenarchitekt:in
Wer keinen Wert darauf legt, sich offiziell Innenarchitekt:in nennen zu dürfen und keine Bauvorlageberechtigung braucht, kann natürlich auch ohne Eintrag in die Kammer in dem Bereich arbeiten – wenn auch etwas eingeschränkt.