Die Veränderungssperre – Notbremse der Gemeinde?
Was wird unter der Veränderungssperre verstanden?
Die Veränderungssperre wird in Paragraf 14 des Baugesetzbuches geregelt. Dieser besagt:
Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass
- Vorhaben im Sinne des §29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
- Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderung nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine Gemeinde mithilfe der Veränderungssperre die Genehmigung von Baumaßnahmen verhindern kann, wenn von der Gemeinde auf dem Grundstück ein Bauvorhaben geplant wird. Damit soll ermöglicht werden, dass Gemeinden ihre Interessen im Sinne des Planungskonzepts durchführen können und Vorhaben, die nicht dem Bebauungsplan entsprechen, verhindert werden können.
Wie kommt es zu einer Veränderungssperre?
Für eine gültige Veränderungssperre muss der Beschluss zur Änderung oder Aufstellung des Bebauungsplans beschlossen und bekannt gemacht worden sein. Im Anschluss oder parallel wird die Veränderungssperre aufgesetzt und bekannt gegeben. Dabei kann sich die Veränderungssperre auf nur ein oder auf mehrere Grundstücke beziehen.
Wann ist eine Veränderungssperre rechtens?
- Grundsätzlich muss die durch die Veränderungssperre gesicherte Planung gerechtfertigt und durchführbar sein.
- Damit geht einher, dass der zu sichernde Bebauungsplan zwingend erforderlich ist. Dabei muss die Gemeinde zum Zeitpunkt der Bestimmung einer Veränderungssperre eine bestimmte Nutzung geplant haben.
- Folglich muss eine grobe baulich-planerische Vorstellung vorliegen, ein ausgearbeitetes Planungskonzept hingegen nicht.
Wie lange ist eine Veränderungssperre gültig?
Eine Veränderungssperre ist terminiert auf zwei Jahre. Diese Frist kann jedoch um ein Jahr, oder unter besonderen Umständen sogar um zwei Jahre verlängert werden. Unter diesen besonderen Umständen sind jedoch nur schwierige Fälle zu verstehen, die umfangreiche Bebauungspläne und die Meinung vieler Gutachter nach sich ziehen.
Der Grundstückseigentümer kann erst nach Ablauf der gesetzten Frist eine Entschädigung verlangen.
Was sind Ausnahmen der Veränderungssperre?
In Paragraf 14 des Baugesetzbuches im dritten Abschnitt sind Ausnahmen der Veränderungssperre geregelt:
Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.
Stehen öffentliche Belange einem Bauvorhaben nicht entgegen, ist dies eine zusätzliche Ausnahme der Veränderungssperre. Sie wird oft individuell vor Gericht entschieden.
Ist eine Planung rechtswidrig oder in absehbarer Zeit nicht durchführbar, verliert die Veränderungssperre an Bedeutung.
Willkürlich können Gemeinden die Veränderungssperre also nicht durchsetzen. Begründet eine Gemeinde die Durchsetzung einer Veränderungssperre mit dem Grund, ein Bauvorhaben ausschließlich zu verhindern, wird die Sperre in den meisten Fällen nicht geltend gemacht. Das heißt, dass in jedem Fall eine begründete und vernünftige Erklärung vorliegen muss.
Was ist die Zurückstellung von Baugesuchen?
Die Zurückstellung von Baugesuchen wird im Paragraf 15 des Baugesetzbuches beschrieben:
Wird eine Veränderungssperre nach §14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.
Diese Regelung ermöglicht es, ein Baugenehmigungsverfahren zu pausieren. Die Voraussetzungen zur Gültigkeit der Durchsetzung sind dieselben wie bei einer Veränderungssperre. Es muss eine positive Baugebietsfestsetzung geplant sein. Diese beinhaltet jedoch nicht gezwungenermaßen die Bebauung eines Grundstücks. Auch die Freihaltung eines Grundstücks für Grünflächen kann einer positiven Planung entsprechen.
Der Unterschied zwischen einer Veränderungssperre und dem Zurückstellen von Baugesuchen ist, dass beim Zurückweisen lediglich das Genehmigungsverfahren pausiert und der Bauantrag nicht abgelehnt wird.
Fallbeispiel 1
Eigentümer E hat ein Seegrundstück in touristischer Lage erworben, um darauf ein Hotel zu errichten. Sein Bauantrag geht bei der Gemeinde ein, diese ist jedoch nicht mit der Nutzung einverstanden, da die Fläche als Wohnfläche genutzt werden soll. So stellt die Gemeinde einen Bebauungsplan auf und erlässt die Veränderungssperre. Auf dem Grundstück darf nun zwei Jahre kein weiteres Bauvorhaben genehmigt werden. E erhebt eine Klage, da an diesem Standort aufgrund der hohen touristischen Aktivitäten Wohngebäude nicht veräußerbar sind und ein Hotel weitaus lukrativer zu führen wäre. Ein Gutachter bestätigt diese These, dennoch kann E aufgrund der geplanten Bebauung nichts weiter tun.
Fallbeispiel 2
Es bestehen dieselben Grundvoraussetzungen wie im Fallbeispiel 1 nur, dass die Gemeinde ein weiteres Hotel in diesem Gebiet verhindern möchte, um die touristischen Massen auf einem zumutbaren Niveau zu halten. Eine spezifische Planung für das Grundstück ist noch nicht vorgesehen. E erhebt Klage und das Gericht sieht, dass die Gemeinde die Veränderungssperre hauptsächlich aus dem Grund erlassen hat, die Planung des E zu verhindern. Sie gibt der Klage nach und E kann sein Hotel bauen.
Fazit – Kann die Veränderungssperre als Notbremse angesehen werden?
Die Veränderungssperre kann der Gemeinde dienen, um kurz vor dem Umsetzen eines Bauvorhabens ihren eigenen Plänen Vorrang zu geben. Unbegründet und nur dem Zweck dienend ein anderes Vorhaben zu verhindern, können sie die Veränderungssperre jedoch nicht wirksam umsetzen und in solchen Fällen wird vor Gericht die Veränderungssperre auch meist abgewiesen.
Dennoch verdeutlicht die Veränderungssperre sehr gut, welche Risiken ein geplantes Bauvorhaben mit sich bringen kann. Vor allem der Kauf eines Grundstücks mit dem Hintergrund eine spezifische Nutzung darauf zu verwirklichen, kann oft problematischer sein, als gedacht.
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