Ein Haus vom Architekt als Eigenheim: Was Sie dabei beachten sollten
Bauherrenstress? – Alles nur eine Frage Ihres Einsatzes
Sobald Sie sich mit dem Gedanken ernsthaft beschäftigen, sich ein Architektenhaus bauen zu lassen, werden Sie auch überlegen müssen, wie viel Einflussnahme und Eigenleistung Sie sich zutrauen oder zumuten wollen. Denn der Bau des eigenen Hauses ist selten ein Spaziergang ohne Stress und Ärger. Grundsätzlich gilt: Je weniger Sie sich als Bauherr auf der Baustelle sehen lassen, umso geringer ist das Stress-Risiko.
Dennoch wird Sie das Bauvorhaben laufend beschäftigen. Denn schon während der Planungsphase müssen Sie gemeinsam mit dem Architekten zahlreiche Entscheidungen treffen. Beginnen dann endlich die Bauarbeiten ist es keinem bautechnischen Laien zu empfehlen, die Bauaufsicht selbst zu übernehmen. Da sie aber unabdingbar ist, sollten Sie die Bauaufsicht an den Architekten delegieren. Mit ihm begehen Sie in Abständen die Baustelle, wenn zum Beispiel ein Bauabschnitt bzw. Gewerk abgeschlossen ist. Bei diesen Gelegenheiten können Sie alles mit dem Architekten besprechen, was Ihnen auffällt.
Die Frage aller Fragen: Was kostet ein Architekt?
Das Beruhigende an der Frage, was ein Architekt kostet, ist dass er sich an eine Gebührenordnung halten muss, die HOAI*. Darin sind mehrere Kriterien für die Honorarberechnung festgelegt. So berücksichtigt das Netto-Architektenhonorar
- die Baukosten – die definitiven Kosten des Bauvorhabens. Je höher die Baukosten, desto höher das Architektenhonorar. Deshalb ist für den Bauherrn die vertragliche Vereinbarung einer Baukosten-Obergrenze empfehlenswert – sinnvollerweise unterhalb Ihres Finanzierungsbugets, damit Sie einen Sicherheitspuffer zu haben
- den Honorarsatz – orientiert sich an einer umfangreichen Tabelle der HOAI und ist in gewissen Grenzen verhandelbar
- die Honorarzone – Einteilung von Bauprojekten je nach Planungsaufwand und -anforderungen. Einfamilienhäuser fallen i.d.R. in die Honorarzone III
- die Leistungsphasen – Festlegung der Aufgaben, die der Architekt übernehmen soll nach einer Liste von 9 Einzelpositionen mit zugeordneten Prozentsätzen (s. weiter unten).
Daraus ergibt sich die Faustregel: Je höher die veranschlagte Bausumme und je mehr Leistungsphasen Sie vom Architekten erwarten (z.B. von der ersten Entwurfsplanung bis zur Schlüsselübergabe, was zu empfehlen ist) desto höher steigt das Honorar (und geringer Ihr Stressfaktor).
* HOAI = Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen. Nach einem Urteil des EuGH im Jahr 2018 sind die Angaben der HOAI zu Höchst- und Mindesthonoraren nicht mehr verbindlich, was jedoch die grundsätzliche Bedeutung eines Honorarkorridors der HOAI nicht einschränkt.
Beispielrechnung für das Honorar eines Architekten:
Die Grundfläche Ihres Hauses wird mit dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis je nach Bauweise multipliziert. Das Ergebnis ist die Bausumme. Diese ist in der HOAI-Honorartabelle in der Spalte Honorarzone III aufzusuchen, welcher der Honorarbetrag zugeordnet ist:
- Wohnfläche (angenommen) 150 qm x qm-Durchschnittswert (hier Niedrigenergiebauweise) ca. EUR 1580,00
- Ergebnis Bausumme (Wohnfläche x qm-Durchschnittswert) EUR 237.000,00
- Honorarzone III, mittlerer Satz: ca. EUR 37.000,00 (zzgl. Nebenkosten von 3 – 5%, z.B. für Fahrt- u. Telefonkosten, Plankopien)
Der Beginn des „Abenteuers“ hausbau mit einem Architekten
Der erste Schritt ist die Suche nach einem Architekten. Da mittlerweile jeder Baumeister, der auf sich hält, auf einer Website seine Referenzobjekte präsentiert, dürfte es nicht schwierig sein, an Ihrem Wohnort oder Umkreis einen oder mehrere geeignete Kandidaten zu finden, die schon ähnliche Objekte wie das Ihre realisiert haben, also z.B. 1- oder 2-Familien-Häuser. Manche Architekten profilieren sich zudem durch die Bevorzugung hinsichtlich bestimmter Bauweisen, Stile, Nachhaltigkeit etc.
Wenn Sie drei oder vier Kandidaten ausgewählt haben, sollten Sie in einem persönlichen Gespräch auch ein Gefühl entwickeln, mit wem Sie am besten klar kommen und ein Vertrauensverhältnis aufbauen können. Immerhin werden Sie über die gesamte Planungs- und Bauphase in ständigem Kontakt mit ihm sein. In diesen Gesprächen werden Sie auch Ihre grundsätzlichen Vorstellungen grob umreißen können, so dass Ihr Gesprächspartner in etwa einschätzen kann, in welche Richtung Ihr Bauvorhaben geht.
Der Architekt Ihres Vertrauens wird auch den voraussichtlichen Umfang der Aufgaben wissen wollen, die Sie ihm übertragen wollen, denn diese so genannten Leistungsphasen bestimmen anteilig sein Honorar. Wie schon erwähnt, sollten Sie ihm zur Ihrer Stresseindämmung im Architektenvertrag alle 9 Leistungsphasen übertragen, damit die kontinuierliche Verantwortung für die Realisierung des Bauvorhabens gesichert ist.
Wollen Sie nicht das Risiko eingehen, auf Gedeih und Verderb dem Architekten ausgeliefert zu sein, können Sie eine stufenweise Beauftragung vereinbaren. So wäre die erste Stufe der Beauftragung die Grundlagenermittlung. Ab der zweiten Stufe, die mit der Vorplanung beginnt, sollte dann so viel gegenseitiges Vertrauen geschaffen sein, dass Sie den Architekten mit der Gesamtbetreuung des Bauvorhabens beauftragen. Es gibt jedoch auch weitere Abstufungen, die im Rahmen größerer und komplizierterer Objekte eine Berechtigung haben können, bei einem 1- oder 2-Familienhaus aber wenig sinnvoll sind.
Die Leistungsphasen mit ihren Anteilen an der Bausumme
Leistungsphase | Beschreibung | Anteil |
---|---|---|
LP 1 | Grundlagenermittlung | 2 % |
LP 2 |
Vorplanung | 7 % |
LP 3 | Entwurfsplanung | 15 % |
LP 4 | Genehmigungsplanung | 3 % |
LP 5 | Ausführungsplanung | 25 % |
LP 6 | Vorbereitung der Vergabe | 10 % |
LP 7 | Mitwirkung bei der Vergabe | 4 % |
LP 8 | Objektüberwachung | 32 % |
LP 9 | Objektbetreuung | 2 % |
Von der Grundlagenermittlung zur Vorplanung
Wie der Begriff Grundlagenermittlung schon sagt, geht es in der Leistungsphase 1 für den Architekten und Sie als Bauherrn darum,
- herauszuarbeiten, welche Vorstellungen, Wünsche und Anforderungen Sie an Ihr künftiges Eigenheim haben, z.B. 1- oder 2-Familienhaus, Wohnfläche, Gebäudestil (Bungalow, Landhausstil etc.)
- die zur Verfügung stehende Bausumme zu diskutieren und in Einklang mit Ihren Vorstellungen zu bringen
- den Baubeginn festzulegen, der allerdings abhängig ist von der behördlichen Baufreigabe
- eine gemeinsame Ortsbesichtigung des Baugeländes vorzunehmen
- den Leistungsbedarf zu vereinbaren, d.h. welche Leistungsphasen der Architekt übernehmen soll
- schriftlich die Ergebnisse dieser Grundlagenermittlung zusammenzufassen und dem Bauherrn zu übermitteln/auszuhändigen
Dieses Dokument sollten Sie nochmals kritisch prüfen, ob Ihre Vorstellungen richtig verstanden und wiedergegeben wurden. Änderungen sind jetzt noch möglich. Im weiteren Planungsverlauf werden diese zunehmend schwieriger, gegen Ende kaum noch möglich. Gleichzeitig steigen die Änderungskosten – und damit die Bausumme sowie das Architektenhonorar.
Die Vorplanung (Leistungsphase 2) baut auf der Grundlagenermittlung auf und dient in enger Abstimmung mit Ihnen als Bauherrn der schrittweisen Konkretisierung des Bauvorhabens. Hierbei legt Ihnen der Architekt erste Skizzen bzw. 3D-Computeranimationen von Innen- und Außenansichten sowie des Grundrisses vor. Dazu Vorschläge zu den wichtigsten Eigenschaften wie z.B. Ausstattungsstandard inkl. der Energetik, Brutto-Grundfläche, Anzahl und Anordnung der Zimmer, evtl. Kellergeschoss mit Tiefgaragen-Stellplatz.
Am Ende des Planungsprozesses der LP 2 sollten die Skizzen und Entwürfe weitgehend Ihre Vorstellungen treffen, denn nun nimmt der Architekt ersten Kontakt mit der zuständigen Baubehörde auf, um die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Zudem verlangt die Vorplanung auch eine erste Kostenschätzung als Grundlage für den zu erwartenden Finanzbedarf, der natürlich in den von Ihnen vorgegebenen Rahmen passen sollte. Teil der Vorplanung ist auch die Bauablaufplanung, d.h. Angaben zu den Bauabschnitten in zeitlicher Abfolge.
Die entscheidende dritte Phase: die Entwurfsplanung
Mit der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) beginnt für den Architekten die planerische Haupt- und Feinarbeit. Während es in der Vorplanung noch um das Große und Ganze ging, wird nun das Planungskonzept bis ins Detail durchgearbeitet. Es werden einerseits Entscheidungen hinsichtlich bauphysikalischer, technischer und wirtschaftlicher Belange getroffen. Andererseits stehen gestalterische und funktionale Fragen an, bei denen der Architekt von Ihnen viel darüber wissen will, wie Sie es denn gerne hätten. Insgesamt werden in der Entwurfsplanung Entscheidungen getroffen, die kaum noch reversibel sind, wenn nicht die gesamte Planung infrage gestellt werden soll.
Das Ergebnis ist ein kompletter Gesamtentwurf im Maßstab 1: 100 oder 1:50, der als Verhandlungsgrundlage mit den Genehmigungsbehörden eine hohe Verbindlichkeit ausweist. Weitere Aufgaben des Architekten sind in dieser Planungsphase:
- eine ausführliche Kostenermittlung auf der Basis der DIN 276
- vertiefende Genehmigungsverhandlungen mit den Behörden.
Mit der Genehmigungsplanung zur Bauaufsichtsbehörde
In der Leistungsphase 4 hat der Architekt die weitgehend bürokratische Aufgabe, im Zusammenhang mit der Entwurfsplanung zahlreiche Unterlagen und Antragsformulare zusammenzustellen und diese bei der zuständigen Behörde vorzulegen mit der Absicht, eine Baugenehmigung zu erhalten. Diese gilt dann als Grundlage für die Ausführungsplanung.
In der LP 4 kann es vorkommen, dass es trotz aller vorgelegten Unterlagen dauern kann, bis die Baugenehmigung vorliegt. Denn je spitzer die Griffel der behördlichen Prüfer sind, und je enger sie den Ermessensspielraum auslegen, umso häufiger werden Anpassungen und Korrekturen an den Plänen verlangt. Auch wenn der Architekt über Erfahrungswerte für die übliche Dauer des Genehmigungsverfahrens verfügt, sollten Sie sich auf mögliche Verzögerungen einstellen.
Zwischenhead: Planung bis zur letzten Schraube – Voraussetzung für die Bauausführung
In der Ausführungsplanung (Leistungsphase 5) berücksichtigt und beschreibt der Architekt wie unter der Lupe jedes kleinste Detail. Denn die am Bau beteiligten Handwerksfirmen brauchen für die Durchführung ihrer Gewerke neben den Bauplänen genaue Spezifikationen der Produkte und Bauteile und Baustoffe. Diese werden üblicherweise in tabellarische Übersichten mit allen technischen Kenndaten eingetragen.
Eine Ablaufplanung inklusive eines Terminplans zur zeitlichen Koordination der beauftragten Handwerksfirmen gehören zur LP 5 ebenso wie Ausführungspläne mit maßstabsgerechten Zeichnungen von bis zu 1:20 und 1:1). Am Ende steht ein Plansatz, der über alles informiert, was für die praktische Bauausführung aller Gewerke erforderlich ist.
Voraussetzung für den Bieterwettstreit: die Vorbereitung der Vergabe
Die Leistungsphase 6 beschäftigt sich damit, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Handwerksfirmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert werden können. Es werden u,a, anhand der Ausführungspläne die Mengen an Baustoffen, Bauteilen etc. ermittelt. Die Mengenangaben und Spezifikationen werden auch für Leistungsbeschreibungen und Leistungsverzeichnisse benötigt.
Eine Kostenkontrolle erfolgt, indem die ermittelten Kosten der Leistungsverzeichnisse der Gewerke mit der in LP 3 vorgenommenen Kostenermittlung nach DIN 276 verglichen werden.
Die Aufbereitung der Unterlagen bildet den Abschluss der Vergabevorbereitung. Die Vergabeunterlagen werden dann je Gewerk in weitere Leistungspakete unterteilt. Hierbei ist vom Architekt besondere Sorgfalt gefordert, damit keine Einzelleistung vergessen wird.
Mitwirkung bei der Vergabe – eine Untertreibung der tatsächlichen Funktion
Die Tätigkeiten des Architekten in der Leistungsphase 7 entsprechen einer Schlüsselposition. Denn nach Versand der Vergabeunterlagen sichtet und verarbeitet er die eintreffenden Angebote. Dabei hat er vereinbarte fachliche und preisliche Änderungen in den Vergabeunterlagen zu vermerken.
Nach einer weiteren Kostenkontrolle empfiehlt er dem Bauherrn die seiner Meinung und Erfahrung nach seriösesten und preislich akzeptabelsten Angebote. Die letzte Entscheidung trifft jedoch der Bauherr. Der Architekt stellt zudem die Vertragsunterlagen für alle Leistungsbereiche zusammen, zu denen auch die betreffenden Leistungsverzeichnisse, technische Erläuterungen und bei Bedarf Terminpläne gehören.
Die Verträge werden direkt zwischen dem Bauherrn und den ausführenden Fachfirmen geschlossen.
Objektüberwachung – mitunter ein 24/7-Knochenjob
Mit einem Anteil von 32% ist die Objektüberwachung der „dickste Brocken“ im Budget. Das aber zu Recht, wenn man die vielfältigen, oft äußerst zeitintensiven Aufgaben in dieser Leistungsphase 8 betrachtet:
- Fortlaufende Überwachung der Bauarbeiten (Baufortschritt, Einhaltung des Zeitplans und aller Plan- und Genehmigungsvorgaben, Überprüfung der Tragwerkskonstruktion, Überwachung der handwerklichen Qualität)
- Kostenkontrolle im Rahmen der Bauüberwachung (fortlaufende Rechnungsprüfung mit Vergleich zu der in den Planungsunterlagen vorgenommenen Kostenermittlungen
- Bauabnahme sowie Überwachung der Mängelbeseitigung (inkl. Beantragung der Bauabnahme durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde)
- Projektabschluss: Zusammenstellung aller das Objekt betreffenden Unterlagen und Übergabe an den Bauherrn
Mit der Aufzählung dieser Aufgaben ist nur unvollkommen, aber kompakt beschrieben, welche Arbeit der Architekt in dieser Phase zu leisten hat.
Objektbetreuung – „Pfusch am Bau“ aufspüren und verfolgen
Oft stellen sich erst lange nach Beendigung der Bauarbeiten Spätfolgen ungenügender Handwerksqualität heraus. Für Sie als Bauherr, der seinen Architekt auch mit der LP 9 beauftragt hat, wird die Verfolgung von Baumängeln innerhalb der Gewährleistungs- bzw. Verjährungsfrist leichter. Denn seine Aufgabe besteht darin, bei Bedarf in einer gemeinsamen Begehung mit Ihnen Mängel festzustellen, zu dokumentieren und deren Beseitigung zu verfolgen. Dieser Part ist nicht zu unterschätzen, da für einen Laien Mängel, die erst nach Jahren zum Vorschein kommen, nicht immer gleich als Baufehler erkennbar sind.
Wahrscheinlich hat der Architekt sich bei den anfänglichen Vertragsverhandlungen ausbedungen, dass LP 9 in einem gesonderten Vertag geregelt wird. Hintergrund ist, dass er sonst erst nach Ablauf der 5-jährigen Gewährleistungsfrist und damit nach vollständiger Erfüllung seines Vertrags sein Honorar verlangen dürfte.
Schlussplädoyer
Wie eingangs erwähnt, ist das Architektenhaus die Königsdisziplin im Eigenheimbau. Deshalb dürfen Sie nach der Schlüsselübergabe dem „König“, der diese Disziplin beherrscht, als Bauherr durchaus Ihre Reverenz erweisen angesichts des Stress’ den er zu Ihrer Entlastung übernommen hat, wenngleich Sie selbst davor gewiss nicht völlig verschont geblieben sind.