Nachhaltige, gesunde Innenräume

Inhaltsverzeichnis

Was bedeutet Nachhaltigkeit in Innenräumen?

Die Bauwirtschaft ist für 60 Prozent des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich sowie für etwa 35 Prozent des Energieverbrauchs und 40 Prozent der Treibhausgasemissionen. Um die Klimaziele zu erreichen, muss deshalb dringend umgedacht werden. Dazu kann jeder einzelne von uns seinen Beitrag leisten:

  1. Zum einen mit der Entscheidung für die Nutzung eines Bestandes: Wir verbrauchen in Deutschland zu viel Fläche und Abriss und Neubau stehen zu oft vor Nutzung des Bestands. Dabei hat die Nachverdichtung in unseren Städten ein großes Potenzial mehr Wohnraum zu schaffen. Die Frage, wie wir bestehende Räume umnutzen und modernisieren, ist also auch ein Teil der Lösung, unseren Bedarf zu decken, ohne noch weitere Neubaugebiete zu erschließen.
  2. Zum anderen spielt die Flexibilität von Räumen eine große Rolle: Räume, die sich immer wieder den sich wandelnden Wünschen der Nutzer anpassen können, sind dauerhaft nutzbar und somit nachhaltig.
  3. Und nicht zuletzt gilt es, darauf zu achten, welche Materialien und Produkte verbaut werden. Wenn sie nach der Nutzung wiederverwendet werden können, entspricht das dem Grundprinzip nachhaltiger Innenraumgestaltung.

Beispiel für die Umnutzung eines Bestandes: Der Schlosserhof in Stuttgart

Maroder Bestand: Die alte Schlosserei im Schlosserhof Stuttgart vor dem Umbau (links) und danach (rechts). Wo früher gearbeitet wurde, sind nun zwei Wohnungen entstanden.

Vor den Maßnahmen fehlte diesem eigenständigen Haus im Schlosserhof das Dach (u. r.). Jetzt bietet an gleicher Stelle eine Wohneinheit geschützten Wohnraum unter neuem Dach (u. l.). Durch einen Anbau ist sie mit dem dahinterliegenden Wohnhaus verbunden.

Warum ist es wichtig, Innenräume nachhaltig zu gestalten?

Wir verbringen etwa 90 Prozent unserer Zeit in geschlossenen Räumen. Es entsteht eine Wechselwirkung zwischen Raumnutzer*innen und dem umbauten Raum. So atmen wir täglich etwa 12 bis 24 Kilogramm Luftmasse ein und dünsten gleichzeitig etwa 1 bis 2,5 Liter Wasser aus. Studien zufolge wirken täglich ungefähr 80.000 Chemikalien auf uns und unseren Organismus ein. Alle Materialien und Produkte im Raum haben also einen direkten Effekt auf unser Wohlbefinden und auf unsere Gesundheit. Grund genug, sich intensiver über die Gestaltung und deren Auswirkungen auf uns Nutzer Gedanken zu machen.

Statt den Fokus rein ästhetischen Raumqualitäten zu legen, gilt es, sich bewusst zu werden, dass wir Räume mit all unseren Sinnen wahrnehmen, einen Großteil davon unbewusst. Ist der Raum stickig oder trocken? Riecht er angenehm? Wie ist die Akustik? Wie klingt es, wenn ich mit fortbewege? Das gilt vor allem für unsere eigenen vier Wände, denn hier können wir, anders wie im Büro oder öffentlichen Einrichtungen entscheiden, welche Materialien und Produkte zum Einsatz kommen. Und ob diese einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit haben oder eben nicht.

Ab wann ist ein Produkt nachhaltig?

Diese Frage lässt sich nicht leicht beantworten, denn es spielen viele Faktoren eine Rolle:

  • Aus was ist das Produkt wie, wo und von wem gefertigt worden?
  • Sind die Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen, am besten regional bezogen und verarbeitet?
  • Sind die Produkte ohne Qualitätsverlust wiederverwertbar?

In der Gesamtbetrachtung spielt zusätzlich der Hersteller als Unternehmen eine Rolle.

Auf welche Nachhaltigkeitssiegel kann ich bei Produkten für den Innenausbau achten?

Nachhaltige Produktwelten benötigen Aufklärung und Glaubwürdigkeit. Siegel sind dabei vertrauensbildende Werkzeuge. Jedem Siegel liegen allerdings eigene Bewertungskriterien zugrunde. Die Unterschiede liegen beispielsweise in den Messmethoden. Die Qualitäts-Standards weichen teilweise stark voneinander ab. Es ist daher nicht möglich Produkte mit unterschiedlichen Siegeln zu vergleichen. Schauen Sie sich deshalb genau an, was welches Siegel bedeutet.

Hinweis: Lassen Sie dabei nicht jene Produkte ohne Siegel außer acht, denn Zertifizierung sind sehr kostspielig und deshalb nicht für alle Hersteller interessant.

Wie nachhaltig ist Beton?

Der Grundstoff Zement ist ein wahrer Klimakiller und ist weltweit für mehr CO2 verantwortlich wie der gesamte Verkehr. Als Zusatz wird Sand benötigt, der bestimmte Eigenschaften mitbringen muss. Dieser Sand ist inzwischen ein rares Gut. Der Großteil des Sandes wird aufwendig aus dem Meer gepumpt. Durch das lukrative Geschäft mit dem Sand ist eine regelrechte Mafia entstanden. Durch diese Piraterie werden zusätzlich Umweltschäden verursacht, sogar ganze Strände werden „gestohlen“!

Hinweis: Mineralische Rohstoffe wachsen nicht nach und sind, wenn möglich sparsam einzusetzen.

Wie nachhaltig ist Holzbau?

Holzbau ist gegenüber Beton aus zweierlei Hinsicht zu bevorzugen, zum einen ist im Holz viel CO2 gebunden und zum anderen bindet der nachwachsende Rohstoff beim Wachstum zusätzlich CO2.

Die Fügung der Materialien spielt für die Nachhaltigkeit eine große Rolle

Es ist bei der Planung auf die Konstruktion und Materialwahl zu achten. Um Materialien und Produkte wiederverwenden zu können, müssen sie im Detail entsprechend ausgeführt sein, zum Beispiel  rückstandsfrei trennbar und nicht verklebt. Der Materialverbrauch kann mit einer guten Planung verringert werden. Dafür ist Expertise und Wissen über nachhaltige Produkte und Verarbeitung notwendig.

Da unser Gebäudebestand wahren Materiallagern gleicht, muss dieser künftig auch als Rohstoffquelle genutzt werden. Es gibt bereits heute diverse Lösungen für einen Gebäudematerialpass, also ein Inhaltsverzeichnis der verbauten Komponenten.

Auch kleine Schritte zählen auf dem Weg zu nachhaltigem Wohnraum

Sie müssen nicht gleich Berge versetzen, gehen Sie einfach Schritt für Schritt vor, um Ihren Wohnraum nachhaltig zu gestalten. Haken Sie zum Beispiel beim nächsten Kauf einer Farbe, eines Bodens oder eines Sofas nach und prüfen Sie, welche Materialien verarbeitet wurden. Aus welchem Holz ist der neue Tisch? Wo kommt es her? Wie wurde es behandelt? Aus was besteht der Design- beziehungsweise der Vinylboden, die freundliche Bezeichnung für PVC-Boden? Einige Hersteller haben in den letzten Jahren viel investiert, um Inhaltsstoffe zu verbessern, nachhaltige Alternativen einzusetzen, um Emissionen drastisch zu verringern und damit für eine wohngesunde Umgebung zu sorgen. Es lohnt sich also genauer hinzuschauen.

5 Tipps für eine bessere Raumluft und einen gesunden Lebensraum

Folgende fünf Punkte sollten Sie beachten, wenn Sie die Luft in Ihren Räumen verbessern und damit einen gesunden Lebensraum für sich schaffen möchten:

  1. Eine bessere Raumluft ist ganz einfach durch den Einsatz von nachwachsenden Materialien mit minimalen Ausdünstungen erreichbar.
  2. Kreislauffähige Materialien und Produkte mit entsprechenden Nachweisen sind emissionsarm und toxisch unbedenklich, denn sie sind zum Wiedereinsatz konzipiert worden.
  3. Wandfarben aus Lehm, Kalk oder Silikat haben gegenüber den gängigen Dispersionsfarben in punkto Wohngesundheit einen klaren Vorteil.
  4. Filz aus natürlicher Schafswolle ist das einzige Material, das schädlicher Formaldehyd aus der Luft filtern kann.
  5. Decke, Wand und Boden beanspruchen die größten Flächen eines Raumes. Die Entscheidung für einen billigen Laminatboden statt für hochwertiges Parkett oder natürliches Linoleum ist also eine Entscheidung für oder gegen gute Innenraumluft.
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