Die Wohnraumzweckentfremdung – was bedeutet sie und was gilt es zu beachten?

Inhaltsverzeichnis

Was wird unter einer Wohnraumzweckentfremdung verstanden?

Eine Zweckentfremdung ist die veränderte Nutzung eines Raums. Eine große Bedeutung hat dabei der Wohnraum, dessen Nutzen in vielen Gebieten zu erhalten ist. Das Mietrechtsverbesserungsgesetz besagt in Artikel sechs:

Die Landesregierungen werden ermächtigt für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnungen zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. Als Aufgabe des Wohnzweckes im Sinne des Satzes 1 ist es auch anzusehen, wenn Wohnraum zum Zwecke einer dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen, verwendet werden soll.

Aus diesem Gesetz ist herauslesbar, dass die Zweckentfremdungsgenehmigung dazu dient, ohnehin bereits begrenzten Wohnraum zu sichern. Eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn:

  • der Wohnraum gewerblich genutzt werden soll.
  • der Wohnraum der Fremdbeherbergung dienen soll.
  • der Wohnraum länger als drei Monate leer steht, außer der Leerstand dient einer Instandhaltungs-, Modernisierungs- oder Umbaumaßnahme oder der Raum soll zeitnah veräußert werden.
  • es zum Abriss des Wohnraums kommt.

In diesen Fällen ist die Zweckentfremdung genehmigungspflichtig und es muss eine Genehmigung der Gemeinde eingeholt werden. 

Die Zweckentfremdungsverordnung greift dabei den im Grundgesetz stehenden Paragrafen auf, dass Wohnungseigentum zum Wohl der Allgemeinheit genutzt werden soll. Im Sinne der Zweckentfremdungsverordnung bedeutet dies also der Minimierung der Wohnungsnot.

Wann wird ein Raum als Wohnraum bezeichnet?

Ein Raum wird in der Regel als Wohnraum bezeichnet, wenn er für Wohnzwecke geeignet und als bewohnbar anzusehen ist.

 

Ein Raum erfüllt den Wohnzweck nicht, wenn:

  • wegen Mängeln, deren Modernisierungsaufwand für die Eigentümer zu groß ist, die Bewohnbarkeit nicht mehr als zumutbar gilt.
  • wegen bauplanungs- oder bauordnungsrechtlichen Gründen der Raum nicht mehr bewohnt werden kann.
  • er großen Umwelteinflüssen ausgesetzt wird, wie beispielsweise Lärmbelästigungen.

Das Maß, ab dem die Bewohnbarkeit eines Raumes nicht mehr gegeben ist, weicht von Bundesland zu Bundesland und in jeder Gemeinde stark ab. Besonders bei Umwelteinflüssen gibt es häufiger Streitigkeiten über die Grenze der Bewohnbarkeit. 

Fallbeispiel:  Eigentümer E besitzt eine Wohnung an einer Straße, die ausgebaut wurde. Durch den anscheinenden Anstieg der Lärmbelästigung kann er die Wohnung seiner Meinung nach nicht mehr vermieten. So beantragt er eine Genehmigung, durch die er die Wohnung als Büro vermieten dürfte. Die Gemeinde G lehnt den Antrag von E ab, da sie die Lärmbelästigung nicht so hoch einschätzt wie E.

Im Gegensatz zu den Maßnahmen der Umwelteinflüsse gibt es bezogen auf die Modernisierungsaufwendungen einen klaren Maßstab, ab wann diese für den Eigentümer zumutbar sind: 

Die Aufwendungen, die durch die Modernisierungsmaßnahme entstehen, müssen innerhalb von zehn Jahren durch die Rendite der Wohnung selbst wieder ausgeglichen werden können. Ist dies nicht der Fall, gilt die Aufwendung als unzumutbar.

Ein Eigentümer darf für die Genehmigung einer Zweckentfremdung den Zustand der Unbewohnbarkeit nicht bewusst herbeiführen. 

Wann kann eine Zweckentfremdung genehmigt werden?

Eine Zweckentfremdung des Wohnraums kann genehmigt werden, wenn 

  • der Raum die Bedingungen der Unbewohnbarkeit erfüllt
  • der Bauherr Ersatz für umgenutzten Raum schafft
  • der Bauherr Ausgleichszahlungen leistet.

Wird eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt, kann diese auch befristet geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Frist gilt der Raum wie vor der Erteilung der Genehmigung als Wohnraum.

Was ist bei dem zu schaffenden Ersatzraum zu beachten?

Hat der Bauherr für die Genehmigung der Zweckentfremdung einen Ersatzraum zu schaffen, muss dieser im selben Gemeindegebiet liegen wie der zweckentfremdete Wohnraum. Zudem muss er in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Umnutzung stehen. Es reicht also nicht, wenn der Ersatzraum erst ein paar Jahre nach der Umnutzung geschaffen wird.

 

Der Ersatzraum muss der gleichen Qualität entsprechen wie der ursprüngliche Raum. Demnach darf er den Standard nicht unter- oder überschreiten, sodass er den gleichen Anforderungen des zweckentfremdeten Wohnraums entspricht. Dadurch soll der Wohnungsmarkt geschützt werden und die Wohnungen demselben Publikum wie zuvor zur Verfügung stehen.

Fallbeispiel:  Eigentümer E hat eine Zweckentfremdungsgenehmigung eines Hauses mit drei mittelklassigen Wohnräumen unter der Bedingung der Schaffung eines Ersatzraumes bekommen. Er plant ein Haus in der näheren Umgebung zu bauen, das luxuriöse Wohnungen beherbergen soll. Dieser Wohnraum kann jedoch nicht als Ersatzraum geltend gemacht werden, da die Qualität der Wohnungen der Qualität des zweckentfremdeten Wohnraums deutlich übersteigt.

In einigen Gemeinden gab es auch die Regelung, dass der neu geschaffene Wohnraum die ursprünglichen Mieten nicht überschreiten darf. Diese Regelungen wurden jedoch schnell wieder revidiert, da Neubauwohnungen meist schon wegen Bau- und Grundstückspreisen den Mietzins von Altbauwohnungen übersteigen. Selbst wenn die Neubauwohnungen den Mindeststandard aufweisen, tritt dieser Fall ein. Aus diesem Grund wurde in den meisten Gemeinden aufgehoben, die Neubauwohnungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu vermieten.

Wie werden nicht genehmigungspflichtige Vorliegen geregelt?

Ist ein Wohnraum nicht zweckentfremdungspflichtig, erteilt die Gemeinde ein Negativ-Attest. Dies gibt Auskunft darüber, dass die Umwandlung oder der Abriss eines Wohnraums auch ohne Zweckentfremdungsgenehmigung rechtens ist.

Wie wird eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt?

Zu Beginn muss ein Antrag bei der zuständigen Behörde eingereicht werden, die diesen auf eine notwendige Zweckentfremdung prüft. Ist sie vorhanden, erteilt die Behörde die Genehmigung oder verweigert sie. Das Ergebnis kann mit einer Klage angefochten werden. 

Wird kein Antrag eingereicht, prüft die Behörde, ob eine Zweckentfremdung vorliegt. Trifft dies zu, kommt es zu einer Aufklärung des Beteiligten. Die Behörde kann dabei auch Maßnahmen des Beteiligten unterbinden, der das Recht hat, dagegen Klage einzureichen.

Der Prozess der Zweckentfremdungsgenehmigung ist nicht verbunden mit dem normalen Baugenehmigungsprozess. Die Genehmigung muss also zusätzlich eingeholt werden.

Was geschieht, wenn die Pflicht der Zweckentfremdungsgenehmigung missachtet wird?

Ein Missachten der Pflicht wird als Ordnungswidrigkeit empfunden und kann je nach Bundesland hohe Bußgelder in der Höhe bis zu 500.000 Euro Strafe nach sich ziehen.

Was muss beachtet werden, wenn Wohnungseigentum als Ferienwohnung vermietet werden soll?

Die Schwelle für Zweckentfremdungen liegt größtenteils bei einer Vermietungsdauer von zehn Wochen im Jahr. Die Städte können bei Betreibern von Internetportalen, beispielsweise AirBnB, Informationen über die Vermietungsdauer erhalten. Damit können sie die Zweckentfremdung einschätzen. 

In einigen Städten gibt es auch eine Registrierungs- und Anzeigenpflicht bei der Vermietung von Wohnraum. 

Wollen Sie ihre Wohnung für Feriengäste vermieten, informieren Sie sich am besten, was genau in ihrem Gebiet gilt und was sie dabei beachten müssen.

Wie wird die Sachlage der Zweckentfremdung in den jeweiligen Bundesländern geregelt?

Die Zweckentfremdung wird in allen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Hier ein kleiner Überblick:

Baden-Württemberg

Es besteht ein Verbot der Zweckentfremdung eines Wohnraums. Demnach ist eine Zweckentfremdung nur mit Genehmigung zulässig. Dies unterscheidet sich auch in den unterschiedlichen Städten. Generell gilt:

  • Genehmigungspflichtig: Entfremdung und Fremdbeherbergung (in Konstanz und Tübingen gelten beispielsweise die Vermietung an Feriengäste nicht unbedingt als Zweckentfremdung)
  • Nicht genehmigungspflichtig: gelegentliche Vermietungen

Bayern

In Bayern ist das Zweckentfremdungsgesetz verschärfter als in anderen Bundesländern. Die Verordnung gilt dort zeitlich unbegrenzt und es kann zu hohen Strafen bei einer Ordnungswidrigkeit führen. Auch hier gibt es standortbedingte Unterschiede. Grundsätzlich gilt:

  • Genehmigungspflichtig: Aufnahme von Gästen in mehr als acht Wochen im Jahr
  • Nicht genehmigungspflichtig: gelegentliche Vermietungen

Hamburg

In Hamburg kann es auch zu hohen Strafen bei einer Ordnungswidrigkeit kommen. Generell sind Vermietungen unter acht Wochen genehmigungsfrei, es besteht jedoch eine Registrierungspflicht für Anbieter von Ferienwohnungen oder Vergleichbarem.

Nordrhein-Westfalen

Es besteht ein Gesetz der Förderung und Nutzung von Wohnraum. Durch dieses können Gebiete festgelegt werden, in denen Zweckentfremdungen generell genehmigungspflichtig sind.

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