Die Immobilienbesichtigung: die gründliche Prüfung vor Ort

Inhaltsverzeichnis

Wie weitreichend ist die Umgebung einer Immobilie interessant?

Mindestens ebenso wichtig wie das Objekt selbst sind die Lage als auch die Umgebung der Immobilie. Die typischen Merkmale des Umfelds können Sie sich bereits im Vorfeld der eigentlichen Immobilienbesichtigung ansehen. Unternehmen Sie Spaziergänge in der unmittelbaren und weiteren Umgebung und stellen Sie  Recherchen an oder unterhalten sich mit Menschen, die in diesem Viertel bereits einige Zeit leben.

Schätzen Sie die Qualität der Lage mit Hilfe folgender Fragestellungen ein:

  • Wie erreiche ich das Objekt?
  • Wie ist die Lage innerhalb des Stadt- oder Dorfviertels?
  • Gibt es in unmittelbarer Nähe Lärmquellen (Bahnlinien, große Straßen, Flughäfen)?
  • Wie ist das Angebot an Dienstleistungen, Schulen oder Läden?

Die Recherche solcher Qualitätsmerkmale mit Hilfe von Google-Luftaufnahmen kann jedoch den Eindruck vor Ort nicht ersetzen. Eine Ladenzeile mit netten kleinen Geschäften kann aus der Vogelperspektive nicht erkennbar gewesen sein, eine Umgehungsstraße hört man aufgrund guten Schallschutzes dagegen fast überhaupt nicht. Darüber hinaus kann in einem Gebiet, in dem neu gebaut wird, von heute auf morgen die tollste Infrastruktur entstehen, die sich Stand heute noch nicht erahnen lässt.

Lassen sich bereits während der Online-Recherche diverse No-Go´s erkennen, die so gar nicht zu Ihren  Vorstellungen der künftigen Wohngegend passen, verwerfen Sie das Objekt und schauen sich nach Alternativen um.

Bleibt ein Objekt auch nach den angestrengten Recherchen interessant, fahren Sie unbedingt mehrfach dort hin. Fahren Sie die Wege ab, die Sie wochentags zur Arbeit zurücklegen müssten und finden Sie heraus, ob Sie kurzfristig oder dauerhaft Umwege in Kauf nehmen müssten. Auch das Wetter kann ausschlaggebend sein. Betrachten Sie die Immobilie beispielsweise im kalten Grau eines verregneten Januartages und nimmt ihr dies nicht den Reiz, können Sie sicher sein, dass es das Richtige für Sie ist.

Schlendern Sie durch die Straßen, besuchen Sie das hiesige Café und kaufen etwas im Laden der nächsten Umgebung. Auf diese Weise lässt sich eventuell einiges aufschnappen, das die Bewohner des Viertels aktuell umtreibt.

Welche Informationen liefern Ihre Sinne?

Lassen Sie ihre Sinne schweifen und nehmen Sie so viel wie möglich auf. Drei Sinne werden vorwiegend angesprochen:

  1. Die Nase: Sie nimmt Autoabgase oder Kerosin genauso wahr wie Blumenduft, den Duft von frisch Gebackenem wie Wurstbuden-Mief oder ein muffig riechendes stehendes Gewässer in der Nachbarschaft.
  2. Das Ohr: Es nimmt Verkehrslärm, Vogelgezwitscher, Kinder- und Biergärten oder auch Worte von Nachbarn wahr.
  3. Das Auge: Es nimmt sowohl die Dichte möglicher Menschenansammlungen wahr wie auch Schulen, Läden, Freizeiteinrichtungen oder Arztpraxen in der näheren Umgebung. Nicht nur der „schöne Schein“ fällt ins Auge, Sie werden – bei genauerer Betrachtung - auch Dinge sehen, die Ihnen nicht zusagen.

Was ist Ihre Immobilie wert?

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Welche Kosten entstehen durch das Pendeln?

Fahrtkosten fallen bei den heutigen Benzinpreisen und den Ticketpreisen des Öffentlichen Nahverkehrs bei der Wahl einer Immobilie besonders ins Gewicht. Es können, wohnt man weit draußen, schnell exorbitant hohe Kosten entstehen, um den Weg zur Arbeit zurückzulegen. Liegt die Immobilie in der Stadt oder am Stadtrand fließt neben den Kosten auch der zeitliche Aspekt in die Entscheidung mit ein. Schnell kann man eine Stunde damit zubringen, vom einen Ende ans andere Ende der Stadt zu gelangen. Grundsätzlich ist jeder bestrebt, die individuelle Lebensqualität zu optimieren, was sich allerdings mit der Gegenrechnung der Kosten für Verkehr und Zeit nicht immer abbilden lässt. Macht man eine Rechnung auf, in der man Fahrtkosten gegeneinander stellt, kann das wie folgt aussehen:

Auf dem Land werden häufig zwei Autos notwendig, da die Infrastruktur ein flexibles Pendeln nicht erlaubt. Bus-Abos für die Kinder werden ebenso benötigt wie ein Bahn-Abo für die Erwachsenen. Schnell können so Kosten von 1.000 Euro/ Monat entstehen.

In der Stadt betragen die Kosten für den alltäglichen Öffentlichen Nahverkehr meist unter 100 Euro/ Monat, da hier kein zusätzliches Auto notwendig ist und der Bedarf über Carsharing-Angebote kompensiert werden kann.  

Berücksichtigt man die zehnfach höheren Fahrtkosten für die Finanzierung einer Immobilie auf dem Land und stellt sie der Finanzierung einer Stadt-Immobilie gegenüber, dürfte eine Stadt-Immobilie unter den selben „Nebenkosten“ mit einem 200.000 Euro höheren Preis zu Buche schlagen und könnte dennoch finanziert werden. Möglich würde dies durch die monatlich eingesparten Fahrtkosten von 900 Euro sowie das eingesparte Eigenkapital, das sonst in den Autos gebunden ist.

Hinweis

Errechnen Sie die jährlich anfallenden Verkehrskosten, die aufgrund des Pendelns zwischen der neuen Adresse und Ihrer Arbeitsstelle entstehen. Diese können Ihr monatliches Budge, je nach Entfernung, deutlich senken oder erhöhen.

Wie flexibel reagieren Sie auf Veränderungen der Umgebung?

Sondieren Sie bereits frühzeitig die Umgebung bezüglich freier Bauplätze, möglichen Plakaten, die gegen Bauvorhaben Stimmung machen oder einer offensichtlich frei gelassenen Trasse zur Errichtung von Bahnlinien oder Straßen. In den Zeitungen und online lassen sich Informationen zu geplanten Projekte finden, die Sie sich genauer anschauen sollten. Für Eigentumswohnungen in der Stadt gilt: Sehen Sie sich die Teilungserklärung desHauses genau an. Was ist Status Quo und was ist für die Zukunft, beispielsweise für mögliche Gewerbeflächen im Haus, erlaubt?

Amtliche Pläne, genauer gesagt, Flächennutzungspläne lassen früh erkennen, was für die nächsten zehn Jahre in der Umgebung geplant ist. Mögliche Verkehrswege und potenzielle Baugebiete lassen sich hier frühzeitig ausmachen, auch wenn nicht alles gebaut werden wird, was einmal geplant wurde. Andererseits können später Projekte entstehen, die hier noch nicht einmal angedacht sind. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass in  Flächennutzungsplänen Verläufe von Trassen oder Orte von Planungen nur grob angedeutet werden und keinesfalls im Detail verlässlich sind.

Bebauungsplan: Gebiete mit strengen Regeln 

Bebauungspläne sind sehr viel verbindlicher und detaillierter als Flächennutzungspläne. Wird ein Gebiet gänzlich neu bebaut, gibt es fast immer einen Bebauungsplan. Generell werden diese Pläne zur Bebauung bestimmter Gebiete von den jeweiligen Gemeinden aufgestellt.

Eine Übersicht der im Bebauungsplan verwendeten Begriffe und Kürzel, die vielfach nur von Experten gelesen werden können:

WR steht für Reines Wohngebiet: Außer Wohnen ist hier praktisch nichts erlaubt. Ausnahmen bilden: Kleine Geschäfte, Gemeinschaftseinrichtungen und Kindergärten

WA steht für Allgemeines Wohngebiet: Hier sind neben dem reinen Wohnen auch Erfordernisse der Infrastruktur und lokale Läden/ Geschäfte erlaubt.

MK bedeutet Kerngebiet: In Kerngebieten ist das Wohnen eher die Ausnahme. Diese Gebiete sind für Handel und Büros konzipiert.

MI steht für Mischgebiet: Gewerbe und Wohnen halten sich hier etwa die Waage. Es darf weder das Eine noch das Andere Überhand gewinnen.

GI und GE stehen für Gewerbe- und Industriegebiete: In diesen Gebieten sind fast ausschließlich Gewerbe- und Industriebetriebe ansässig. Teilweise wird sogar vorgeschrieben, welche Art von Gewerbe sich ansiedeln darf. Wohnen ist nur in Ausnahmefällen, wie beispielsweise für einen Hausmeister oder einen Betriebsinhaber, gestattet.

GFZ steht für Geschossflächenzahl: Über die GFZ wird die maximal zugelassene Wohn- und Nutzfläche im Verhältnis zur Grundstücksgröße geregelt. Entsteht beispielsweise auf einem städtischen Grundstück von 400 m² ein Gebäude mit 6 Etagen a 120 m², also insgesamt 720 m², beträgt die GFZ 720/400 = 1,8

MU steht für Urbanes Gebiet: Der Begriff der Urbanen Gebiete wurde 2017 geprägt und fördert das dichte Miteinander von Dienstleistungen, Gewerbe und Wohnen mit einem Nachteil: Eine Einschränkung des Schallschutzes.

GRZ bedeutet Grundflächenzahl: Die GRZ beziffert den Teil eines Grundstücks, der bebaut werden darf. Steht auf einem 400 m² großen Grundstück zum Beispiel ein Flachbau mit 200 m², beträgt die GRZ 0,5.

Der Begriff Baulinie beschreibt die Linie, an die ein Haus auf einem bebauten Grundstück angrenzen muss. Dies dient letztlich einem gewissen einheitlichen Bild, werden entlang einer Straße mehrere Häuser neu gebaut.

Als Baugrenze bezeichnet man die Grenze, bis zu der ein Grundstück bebaut werden darf. Darüber hinaus ist eine Bebauung unzulässig.

Expertentipp

Analysieren Sie die Umgebung der infrage kommenden Immobilie gründlich. Schauen Sie sich die Wege an, die Sie beispielsweise zum Bäcker, Arzt oder dem nächstgelegenen Supermarkt zurücklegen müssen. Prüfen Sie, ob Ihnen die Menschen, die Ihre zukünftigen Nachbarn wären, zusagen.

Worauf ist bei der Immobilienbesichtigung zu achten?

Häufig stellt man schon mit dem ersten Betreten eines Hauses fest, ob man ein gutes Gefühl hat. Besonders bei privaten Anbietern sind neben einer gebotenen Aufmerksamkeit auch angemessenes Verhalten und eine gewisse Sensibilität angebracht. Sie besichtigen die Immobilie, da Sie aufgrund des Exposés und Grundrisses weitergehendes Interesse haben.



Während einer Besichtigung stürmen eine Flut von Eindrücken und Informationen auf Sie ein und teilweise fällt es schwer, einen objektiven Blick für das Ganze zu bewahren. Gehen Sie trotz der möglicherweise entstehenden Stresssituation strategisch und überlegt vor.

Behalten Sie einen kühlen Kopf

Schwierig wird es, entspricht die Immobilie ganz und gar Ihren Vorstellungen und es lässt sich kein Haken erkennen. In solch einer Situation wird mancher Interessent leicht für Punkte blind, die es erfordern, genauer betrachtet oder hinterfragt zu werden. Hier hilft, in Aktionismus überzugehen. Prüfen Sie Lichtschalter, öffnen Sie Fenster, prüfen Sie den Wasserdruck, lassen Sie Rollläden hoch und runter. Machen Sie mit Einwilligung des Verkäufers möglichst viele Bilder, die Sie sich später in aller Ruhe noch einmal ansehen können.

Holen Sie fachlichen Rat ein

Vor allem bei älteren Häusern oder Wohnungen ist die Überprüfung durch einen Sachverständigen empfehlenswert. Für eventuell nicht erkannte Schäden und deren anschließende Beseitigung haften Sie als Käufer selbst; es kann also teuer werden. Rückwirkend zu beweisen, dass der Verkäufer sogenannte versteckte Mängel wissentlich verschwiegen hat, ist so gut wie unmöglich. Somit haftet der Käufer in der Regel für alle nach Kauf erst ersichtlichen Mängel. Um eventuell noch eine Chance zu haben, dürfen die Haftungsfristen nicht abgelaufen sein, sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass der Verkäufer Mängel verschwiegen hat. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass der Verkäufer über ausreichende Mittel verfügt, den möglichen Schadenersatz zu leisten.

Wird ein gebrauchtes Objekt veräußert, bleibt für den Käufer immer ein gewisses Restrisiko. Um alles auszuschließen, müsste das Haus in seine Einzelteile zerlegt werden. Sie können sich aber auch anderweitig helfen: Ein Sachverständiger betrachtet eine Immobilie mit geschultem Blick und weiß, worauf zu achten ist und wo sich gegebenenfalls Mängel verstecken. Für nicht erkannte offensichtliche Mängel ist er Ihnen gegenüber am Ende sogar haftbar.



Vereine wie die Dekra oder der TÜV bieten eine Überprüfung Ihrer Immobilie durch deren Fachpersonal an, meist wird die Haftung in solchen Verträgen jedoch ausgeschlossen. Um etwa einen Altbau fachlich begutachten zu lassen, beauftragen Sie besser einen der sogenannten ÖBV´s, einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Diese Sachverständigen, die Schäden am Gebäude untersuchen, finden Sie in Ihrer Region unter https://svv.ihk.de. Wenn Sie hier den Begriff „Gebäudeschaden“ und Ihren Ortsnamen eingeben, werden die für Ihren Einzugsbereich gelisteten Fachleute angezeigt.

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