Baumängel: Erfolgreiches Forderungsmanagement
Baumängel: Wie formulieren Sie eine Rüge? Einwände schriftlich vorbringen.
Der Idealfall wäre, dass sich Bauherr und alle auf der Baustelle arbeitenden Personen auf Augenhöhe begegnen, mit Respekt und Achtung agieren. Unter diesen Bedingungen ist es ein Leichtes, auf geringfügige Unstimmigkeiten angemessen entspannt zu reagieren und diese aus dem Weg zu schaffen.
Steigende Kosten oder zeitliche Verzögerungen während der Bauphase bergen größtmögliches Konfliktpotential. Häufig bleibt nur, den formalen Weg einzuschlagen, handelt es sich beispielsweise um Uneinigkeit bezüglich der Leistungen während der Abnahme, erhebliche Mängel im Bauverlauf oder um einen Zeitverzug. Um diese Punkte zu klären, kann ein formales Prozedere mehrerer Eskalationsstufen eingeleitet werden.
Fürs Erste können Sie eine Mängelbeseitigung im Bauverlauf verlangen, wozu Sie die Baufirma am besten per Fax oder E-Mail auffordern und zeitgleich um eine Eingangsbestätigung ersuchen. Reagiert die Baufirma auf Ihr Fax oder Ihre E-Mail überhaupt nicht, können Sie durch das Verschicken eines Briefes einen etwas deutlicherenTon anschlagen. Steht es zu befürchten, dass ein solches Schreiben seitens der Baufirma nicht angenommen wird, bleibt die Möglichkeit, das Schreiben per Einwurfeinschreiben zu versenden.
Solange Sie einen Zeugen benennen können, der über Art und Inhalt des Schreibens in Kenntnis ist, genügt ein einfaches Einwurfeinschreiben. Um auf Nummer Sicher zu gehen, versenden Sie Ihr Schreiben via Einschreiben mit Rückschein. Den Rückschein erhalten Sie postwendend und er dient Ihnen als Bestätigung, dass der Adressat Ihr Schreiben tatsächlich erhalten hat.
Hat sich der Umgangston zwischen Ihnen und der Baufirma jedoch derart verschärft und ist ins Unsachliche abgedriftet, wird am Ende nur noch das Schreiben eines Anwalts helfen.
Expertentipp | Schauen Sie sich die Streitigkeiten nicht zu lange an und schalten Sie lieber früher als später einen Anwalt ein. Wichtig ist es hier auch, Fristen nicht zu verpassen, innerhalb derer Sie hätten handeln oder notwendige Schritte einleiten müssen. Bauherren schätzen mitunter Ihre Lage auch als zu positiv ein, fühlen sich zu sehr im Recht obwohl die Rechtslage möglicherweise eine andere ist. Juristischen Beistand einzuholen, bedeutet nicht automatisch, einen Rechtsstreit zu beginnen. Manchmal kann ein anwaltliches Beratungsgespräch fürs Erste bereits genügen, um die Konfliktsituation zu entschärfen und Klarheit hinsichtlich der einzelnen Positionen zu schaffen. |
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Baumängel: Wie verfahren Sie mit der Baufirma, sind Mängel angezeigt?
Aufgrund von Verzögerungen können Sie der Baufirma eine angemessene Frist für die ordnungsgemäße Durchführung ausstehender Arbeiten setzen. Dies bezeichnet man auch gemeinhin als "in Verzug setzen". Sie können die Baufirma schriftlich auffordern, die bei der Abnahme benannten Mängel, unabhängig von deren Strittig- oder Unstrittigkeit, zu beseitigen.
Diesen Schritt kann man auch als erste Eskalationsstufe ansehen, denn mit diesem Vorgehen erwirbt der Bauherr das Recht, die ausstehenden Arbeiten durch Dritte auf Kosten der Baufirma durchführen zu lassen. Selbstverständlich nur dann, wenn diese nicht selbst für fristgerechte Mängelbeseitigung sorgt. Eine zweifelsfreie und gründliche Dokumentation der Mängel ist daher unbedingt notwendig. Die Beweisbarkeit wird demnach abgewartet. Um die Kosten der Mängelbeseitigung durch die Baufirma abgesichert zu wissen, muss es sich um Mängel handeln, die vor Abnahme festgestellt wurden und weitere Leistungen müssen nachweislich vom Bauherren abgelehnt worden sein.
Ob es sich um Mängel handelt, die vor oder nach der Abnahme festgestellt wurden, ist nicht entscheidend für das Recht des Bauherren, einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung einzufordern. Wer auch immer Recht hat oder wie die Ansprüche im Einzelnen auch gelagert sein mögen, ist eines klar: Wenn es erst einmal so weit gekommen ist, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in den meisten Fällen unmöglich geworden und nicht selten treffen sich die Vertragsparteien vor Gericht wieder. Dem Bauherren bleibt als weiterer Schritt die Forderung auf Schadenersatz. Diesen kann er aufgrund der durch Zeitverzögerung entstandenen Zusatzkosten oder aufgrund der selbst veranlassten Mängelbeseitigung erheben.
Für eine Vertragsstrafe gelten die selben Voraussetzungen: Sie kann vom Bauherrn allerdings nur dann erhoben werden, wenn eine solche Vertragsstrafe für den Fall eines zeitlichen Verzugs im Bauvertrag zuvor vereinbart wurde. Zu wessen Gunsten solche Streitigkeiten letztlich entschieden werden, hängt stark davon ab, ob die Baufirma die Forderungen für berechtigt hält.
In vielen Fällen lässt sich die Ursächlichkeit der Entstehung eines Mangels keinem einzelnen Gewerk zuschreiben. Ob ein Bauherr einen Mangel selbst verursacht oder aber ein involviertes Gewerk für den entstandenen Mangel ursächlich verantwortlich ist, lässt sich häufig nicht ohne jeden Zweifel klären. Holen Sie sich juristischen Beistand, sollten Sie in jedem Fall einen ausgewiesenen Fachanwalt einschalten, denn ein guter Familienrechtsanwalt versteht sich nicht zwingend auf Baurecht.
Um den Titel "Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht" zu tragen, muss der Fachanwalt nicht nur über fachspezifische theoretische Erfahrung verfügen sondern auch gemäß der Anwaltskammer des Bundes einen entsprechenden Nachweis führen. Dieser besagt, dass die theoretischen Fachkenntnisse neben den theoretischen Erfahrungen mindestens drei Aufsichtsarbeiten sowie einen Lehrgang mit mindestens 120 Stunden umfassen müssen.
Baumängel: Wer kann für Neutralisation sorgen?
Das Mediations- oder Schlichtungsverfahren kann beide Vertragsparteien wieder an einen Tisch bringen und noch vor dem Einschalten eines Anwalts dafür sorgen, dass die Baupartner sich erneut miteinander verständigen. Als unbeteiligter Dritter kann der Schlichter oder Mediator eine Aussprache herbeiführen, aus der sich am Ende ein für beide Seiten zufriedenstellender Kompromiss erzielen lässt.
Kompromiss bedeutet: Beide geben nach.
Steht für Sie als Bauherr bereits fest, dass Sie zu keinerlei Zugeständnissen bereit sind, macht es keinen Sinn, noch eine Mediation anzustrengen. Von einem guten Kompromiss können beide Seiten profitieren, setzt aber auch voraus, dass sich beide aufeinander zubewegen wollen und ein ernsthaftes Interesse an einer Einigung haben.
Ziel einer Schlichtung, die zu jedem Zeitpunkt der Bauphase vorgenommen werden kann, ist es, eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten und eine neue Basis für eine zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen. Zahlreiche Institutionen beschäftigen Schlichter, die sowohl vom Bauherrn als auch von der Baufirma frei gewählt werden können:
- Handwerkskammern: Die Handwerkskammern sind speziell bei Fachfragen und Auseinandersetzungen mit einzelnen Handwerkern eine gute Anlaufstelle, und betreiben eigenständige Schlichtungsstellen.
- Handelskammern: Die Industrie- und Handelskammern sind bei Streitigkeiten zwischen Firmen aus dem kaufmännischen Sektor zuständig und bieten Schlichtungsverfahren an.
- ARGE Baurecht (Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein): Die Arbeitsgemeinschaft, unter der sich zahlreiche Fachanwälte zusammengeschlossen haben, vermittelt an einzelne Schlichter. Folgende Voraussetzungen muss ein Fachanwalt, der hier als Schlichter empfohlen wird, erfüllen: Er ist überwiegend im Bau- und Architektenrecht tätig, kann seine Schlichterfähigkeit aufgrund eines besuchten Seminars nachweisen und ist wenigstens sieben Jahre als Anwalt zugelassen.
Ein Schlichtungsverfahren ist gebührenpflichtig. Gesamtschuldnerisch müssen die Baupartner die Kosten gemeinsam tragen.
Baumängel: Wann sind Gerichtsprozess oder Schiedsgericht unumgänglich?
Schiedsgerichtsverfahren unterscheiden sich deutlich von Mediationen und Schlichtungen. Ähnlich eines Gerichtsprozesses wird durch das Schiedsgerichts- verfahren eine rechtliche Klärung des Sachverhalts herbeigeführt. Dieses Verfahren folgt häufig auf erfolglose Schlichtungen. In vielen Fällen wird auch ein Schiedsgutachten angestrebt, das auch als „isoliertes Beweisverfahren“ bekannt ist. Um ein solches Gutachten erstellen zu können, benennt der Schlichter einen Sachverständigen, der aufgrund seiner Erfahrung die einzelnen Konfliktpunkte beurteilen kann. Der Sachverständige trifft Aussagen zu folgenden strittigen Punkten:
- Ursache eines Schadens, Zeitverzugs, Behinderung oder Mangels
- Kostenaufwand durch Behinderung/ Zeitverzug
- Allgemeiner Zustand des Baus
Läuft an einem ordentlichen Gericht bereits ein selbständiges Beweisverfahren, weist die ARGE Baurecht in Ihrer Schieds- und Schlichtungsordnung noch einmal darauf hin, dass in einem solchen Fall ein Schiedsgutachten nicht möglich ist. Wie beim Schiedsgerichtsurteil ist das Schiedsgutachten bindend und eine Berufung ist in aller Regel nicht möglich. Im Rahmen einer Schlichtung kann auch eine der beiden Vertragsparteien ein Schiedsgutachten beantragen.
Ein Schiedsgericht schaltet sich entsprechend der Schlichtungsordnung dann ein, wenn Konflikte nicht mehr nur Einzelfälle betreffen. Zu beachten ist allerdings, dass sich beide Vertragsparteien mit der Einberufung eines Schiedsgerichts einverstanden erklären müssen. Häufig werden grundlegende Streitigkeiten oder Einzelfragen aber auch von Landgerichten entschieden.
Sowohl das Schiedsgerichtsverfahren als auch das Schiedsgutachten bringen Vor- und Nachteile mit sich. Beide Verfahren bedürfen jedoch einer Grundvoraussetzung: Die Qualifikation des Schiedsrichters wie auch andere Details müssen unbedingt vertraglich vereinbart werden. Darüber hinaus ist der Bauunternehmer nicht berechtigt, generell ein verbindliches Schiedsgutachten vorzugeben, auf das er lediglich in seinen AGB´s hinweist. Ob sich letztlich ein Schiedsgerichtsverfahren oder ein Gerichtsverfahren besser eignet, um Konflikte zu klären, muss von Fall zu Fall abgewogen werden.
Eines der beiden Verfahren lediglich zu beantragen, hat bereits rechtliche Wirkung auch bevor ein Urteil gesprochen ist. Bis das Urteil rechtskräftig ist, werden die Fristen der Gewährleistung gehemmt, also ausgesetzt. Solange ein Bauherr die Mängelbeseitigung von einem Bauunternehmer verlangt, darf er das doppelte der veranschlagten Behebung einbehalten. Hat die Baufirma dies bereits abgelehnt, geht es nur noch um den einfachen Betrag. Es sei denn, der Bauunternehmer macht die entstandenen Mehrkosten geltend oder leistet einen Kostenvorschuss für eine Ersatzvornahme.
Expertentipp | Ein Schiedsgericht anzurufen, ist für das Herbeiführen einer schnellen Klärung, sicherlich die beste Variante, auch wenn gegen das Urteil eines Schiedsgerichts nur schwerlich Rechtsmittel eingelegt werden können. Ein herkömmliches Verfahren an einem der zuständigen Landgerichte bietet die Möglichkeit, in Berufung zu gehen oder Revision einzulegen. Dies macht bei verfahrenen und komplizierten Streitigkeiten möglicherweise mehr Sinn. |
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Baumängel: Wie erreichen Sie finanzielle Entschädigung durch Vollstreckung?
Besteht aufgrund eines Urteils eines Gerichts oder Schiedsgerichts eine rechtswirksame Forderung, ist Folgendes zu überprüfen: Reichen die fünf Prozent der ersten Abschlagszahlung aus, den durch das (Schieds-)Gericht anerkannten Schaden zu begleichen, vorausgesetzt die fünf Prozent wurden im Vorfeld einbehalten. Wurde dieser Einbehalt bei einer Forderung bereits berücksichtigt, kann die Schlussrechnung um die Schadensumme gekürzt werden.
Solange ein Bauherr die Mängelbeseitigung vom selben Bauunternehmer verlangt, kann er das Doppelte der voraussichtlichen Summe zur Behebung der Mängel einbehalten. Trotz dieser Regelung gibt es immer wieder Fälle, bei denen diese Summe nicht zur Deckung der Behebung ausreicht. Dem Bauherren bleibt in solch einem Fall nichts anderes übrig, den fehlenden Betrag einzufordern auch wenn er formal einen Anspruch auf die volle Behebungssumme hat.
Bei allen Schritten, die das Forderungsmanagement betreffen, ist zu prüfen, ob bereits ein rechtskräftiger Titel vorliegt. Ist noch kein Titel ergangen, kann der Bauherr die ihm entstandenen Kosten in üblicher Weise beziffern und benennen und diese innerhalb einer 14 tägigen Frist einfordern. Der gerichtliche Mahnbescheid erfolgt, wenn die Firma auf keinen Ihrer bisher angestrengten Schritte reagiert hat.
Nach dem Verstreichen der Zahlungsfrist nehmen Sie von weiteren Mahnungen Abstand und beantragen einen gerichtlichen Mahnbescheid. Dieser hat die besten Aussichten auf Erfolg, sollten die Grundlagen auf der die Forderung basiert nicht zu kompliziert sein. Sie können einen solchen Mahnbescheid selbständig oder mit Hilfe eines Anwalts beantragen. Online können Sie einen Antrag auf folgender Seite stellen: www.online-mahnantrag.de
Legt die Bauunternehmung keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, kann der Bauherr einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Auch diesen Bescheid können Sie über die zuvor genannte Webseite online beantragen. Der Vollstreckungsbescheid stellt einen vollstreckbaren Titel dar, sofern kein Widerspruch dagegen eingelegt wird. Widerspricht die Baufirma allerdings gegen den Vollstreckungsbescheid, setzt der übliche Verfahrensablauf, soweit im Mahnbescheid angekündigt, eines Gerichtsprozesses ein.
Zeichnet sich bereits im Vorfeld ab, dass die Baufirma Widerspruch einlegen wird, würde ein Gerichtsverfahren durch das Mahnverfahren lediglich verzögert werden. In diesem Fall kann ein rechtskräftiger Titel auch erwirkt werden, indem die Klage direkt beim zuständigen Gericht eingereicht wird.
Ein rechtskräftiger Titel alleine bedeutet noch nicht, dass Sie Ihre Forderungen auch erhalten. Um an Ihr Geld zu kommen, werden auch hier mehrere Schritte notwendig: Mit Hilfe einer Forderungspfändung kann eine Kontopfändung durchgesetzt werden, alternativ kann ein Gerichtsvollzieher bewegliches Vermögen pfänden und dies über Versteigerungen verwerten. Der Erlös geht nach Abzug von Gebühren und Zinsen an den Bauherrn. Allerdings können die Gebühren einer erfolgreichen Zwangsvollstreckung beim Schuldner rückwirkend eingefordert werden.
Eine weitere Möglichkeit, an den geforderten Betrag zu kommen, ist die Einholung einer Vermögensauskunft, durch die die Baufirma nicht umhin kommt, ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen. Eine solche Auskunft kann zum einen vor dem Versuch oder einer tatsächlich durchgeführten aber erfolglosen Sachpfändung eingeholt werden. Führen all die unternommenen Schritte nicht zum Erfolg, gibt es wenigstens hinsichtlich der Verjährung eine gute Nachricht: Laut § 197 BGB verjähren die durch Vollstreckungsbescheid oder Gerichtsurteil festgestellten Forderungen erst nach Ablauf von 30 Jahren. Während dieser Zeit kann der Bauherr durch immer wiederkehrende Zwangsvollstreckungen versuchen, wenigstens Teile seiner Forderungen zu bekommen.