Wie kann man neue Nebenkosten in die bestehende Nebenkostenabrechnung einbeziehen?

Inhaltsverzeichnis

Zwei Beispiele zur Veranschaulichung

Beispiel 1: Gesetzt den Fall, der Vermieter einer Wohnimmobilie hat die Hausmeisterdienste bisher selbst übernommen und diese nicht als Nebenkosten bei seinen Mietern geltend gemacht. Aus gesundheitlichen Gründen muss er den Service an eine Fremdfirma vergeben, die dafür ein Honorar verlangt. Wie geht der Vermieter am besten vor, um die Vertragsänderung und die zusätzlichen Kosten gegenüber seinen Mietern rechtssicher und mieterverträglich zu vertreten? 

Beispiel 2: Im Mietvertrag steht als umlegbare Nebenkosten-Position "Abwasser". Die Gebühr erhebt die Kommune. Wenn diese nun den unscharfen Pauschalbegriff in zwei getrennte Positionen "Brauchwasser" und "Niederschlagswasser" bzw. "Oberflächenwasserabgabe" trennt, sollte der Vermieter den Mietvertrag anpassen, indem er ebenfalls die beiden Positionen und die dafür fälligen Zahlungen nennt. Denn in jedem Fall kann der Vermieter den Mieter verpflichten, beide Gebühren zu bezahlen.

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Die "einvernehmliche Anpassung" als Mittel gegen Mieter-Unmut

Kein Mieter ist begeistert, wenn er vor vollendete Tatsachen gestellt wird, vor allem, wenn er plötzlich mehr bezahlen soll. Dennoch kann er die Bezahlung der neuen und zurecht erhobenen, umlegbaren Nebenkosten letztlich nicht verweigern (Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 31.01. 1997, WM 1999. S. 46). 

Bei hartnäckigen Widerständen des Mieters gibt es die alternative Möglichkeit der Mieterhöhung. Auch diese ist gegen den Willen des Mieters durchsetzbar, wenn die Erhöhung im Rahmen einer eventuell geltenden Mietpreisbremse liegt. 

Um Unmut bei den Mietern zu vermeiden und damit sich selbst Stress zu ersparen, ist für den Vermieter die fairste Vorgehensweise, schon im Vorfeld mit den Mietern zu sprechen und die betreffende kostenpflichtige Veränderung zu begründen. In den allermeisten Fällen werden die Mieter dann auch einer Vereinbarung über die Erhöhung der Nebenkosten-Vorauszahlung bzw. der Pauschale zustimmen. Das bedeutet, dass der Vermieter mit dem Mieter eine schriftliche "einvernehmliche Anpassung" vornimmt, am besten unter Bezugnahme auf § 2 der Betriebskostenverordnung. Der Passus der "einvernehmlichen Anpassung" bezieht dann auch alle künftigen, neu entstehenden und umlegbaren Nebenkosten ein. 

Eine Ausnahme bildet die Inklusivmiete, d.h. wenn nur ein Teil aller Nebenkosten (z.B. Heizung, Strom, Wasser und Müllgebühren) separat vom Mieter bezahlt wird und alle weiteren Kosten mit dem Mietbetrag  abgegolten sind. Dann muss der Grund für die neuen Nebenkosten entweder genannt und als Anhang zum Mietvertrag beigefügt werden oder der Mieter muss – als Teil der Inklusivmiete – einer Mieterhöhung zustimmen. 

Weitere Informationen zum Thema Nebenkostenabrechnung finden Sie auch unter www.anwalt.org.

Die Besonderheit der "ergänzenden Vertragsauslegung"

Ein weiteres Beispiel: Bei zahlreichen Altbauten wird im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen und zur Verbesserung der Wohnqualität ein Aufzugssystem an der Außenfassade angebracht. Dadurch entstehen Nebenkosten für Pflege, Wartung und Strom. Wenn keine Anpassungsklausel besteht, gibt es dennoch die Möglichkeit, die neu entstehenden Nebenkosten unter Anwendung der so genannten "ergänzenden Vertragsauslegung" an den Mieter weiterzugeben.

Voraussetzung ist dabei, dass bei Abschluss des Mietvertrags der Vermieter noch nicht die Absicht einer baulichen Veränderung wie z.B. die Modernisierung mit Anbau eines Aufzugssystems hatte. Wenn durch eine solche Veränderung auf Dauer umlegbare Nebenkosten entstehen, besteht im Mietvertrag eine "Regelungslücke", die durch die ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann. Hierbei sieht das Landgericht Frankfurt in seinem Urteil vom 18.12.1998 bei einer Modernisierung eine Duldungspflicht durch den Mieter, die auch die Pflicht zur Übernahme der neuen Betriebskosten einschließt (Az. 16 S 185/98, WM 1999).

In diesem Zusammenhang ist auf einen  Unterschied zwischen Nebenkosten-Vorauszahlung und Pauschale zuungunsten der Pauschale hinzuweisen: Denn in den meisten Fällen ist eine rückwirkende Erhöhung der Pauschale zur Deckung der Betriebskosten nicht möglich.

Bei einer Vereinbarung der monatlichen Vorauszahlung jedoch, können die neuen Betriebskosten in der jährlichen Nebenkostenabrechnung ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Kosten (z.B. ab der Inbetriebnahme des Aufzugs) geltend gemacht werden.

Eine Position bei den Nebenkosten "einfach vergessen"

Wenn der Vermieter aus Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit eine umlegbare Nebenkostenart nicht berechnet hat, welche Möglichkeiten bestehen dann, diese nachträglich geltend zu machen? 

Hierbei ist zu unterscheiden, ob 1. diese Nebenkostenart im Mietvertrag genannt ist oder 2. die Position bei der Nebenkostenabrechnung nur vergessen wurde.

Im ersten Fall ist es in aller Regel auch durch eine einvernehmliche Anpassung nicht möglich, diese Nebenkostenart nachträglich in den Vertrag aufzunehmen, da es sich um ein einseitiges Verschulden des Vermieters handelt. Schon gar nicht gibt es die Möglichkeit der rückwirkenden Forderung.

Der zweite Fall kann für den Vermieter positiver behandelt werden in dem Sinne, dass zumindest in die kommenden Nebenkostenabrechnungen der Betrag ohne größere Umstände wieder aufgenommen werden kann.

Ein Sonderfall ist die Grundsteuer, die ebenfalls auf Mieter umlegbar ist, jedoch häufig bei der Abrechnung vergessen wird. Passiert dies ein-,  zweimal, ist das kein "Beinbruch", der Betrag kann bei der nächsten Nebenkostenabrechnung wieder eingesetzt werden. Sollte der Betrag jedoch jahrelang nicht berechnet worden sein, ergibt sich eine so genannte "stillschweigende Vertragsänderung", die dem Vermieter keine nachträglichen Forderungen erlaubt.

Nachforderungen bei nicht abgerechneten Nebenkosten umstritten

Die einen Gerichte entscheiden positiv, andere Gerichte negativ, wenn es darum geht, nicht berechnete Nebenkosten für vergangene Zeiträume nachzufordern, wenn die regulären Nebenkostenabrechnungen bereits erfolgt sind. 

Ablehnende Urteile heben darauf ab, dass nachträglich eingebrachte Gründe, die dem Vermieter schon vorher bekannt sein mussten, nicht zu berücksichtigen sind. Man könnte auch im Umgangsdeutsch sagen: "Selber schuld, wenn der Vermieter seine Nebenkostenabrechnung verschusselt." Die Gerichte sind demnach auf Seiten des Mieters, dem aus diesem Versäumnis kein Nachteil entstehen soll.

Andere Gerichte halten es für billig, dass Vermieter auch mal einen Irrtum begehen dürfen und sehen für den Mieter keinen Nachteil, wenn er eine oder zwei Nachzahlungen leisten muss. Aber auch solche toleranteren Urteile ziehen enge Grenzen für die Anzahl und Höhe der Nachforderungen.

In Fällen von Nachforderungen aufgrund irrtümlich zu niedrig erstellter Nebenkostenabrechnungen ist also die Rechtsprechung sehr uneinheitlich. Deshalb sollte sich jeder Vermieter mit einem solchen Problem genau überlegen, ob er den Rechtsweg einschlagen will, wenn der Mieter eine gütliche Einigung ablehnt.

Fazit: Bei einem bestehenden Mietvertrag neu entstandene Nebenkosten zu erheben, ist in aller Regel kein Problem, wenn der Vermieter den Mietern das Gefühl der Fairness vermittelt und sie frühzeitig informiert. Dabei sollten dennoch rechtssichere, schriftliche Vereinbarungen getroffen und als neuer Bestandteil des geltenden Mietvertrags beigelegt werden.

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