Rücktrittsrechte und Schadenersatzansprüche beim Immobilienkaufvertrag vermeiden

Inhaltsverzeichnis

Pflichten und Schutz der Vertragsparteien bei notariellen Kaufverträgen

Nach Abschluss eines notariellen Kaufvertrages hat weder der Käufer noch der Verkäufer die Möglichkeit

  • gar nicht durchzuführen oder
  • einseitig zu ändern.

Daher sind beide Vertragsparteien in der Pflicht, sich vor Abschluss des Immobilienkaufvertrages sorgfältig mit den daraus resultierenden Verpflichtungen zu befassen. 

Aufgrund der nicht alltäglichen Verpflichtungen und des hohen Verkehrswertes, die einem solchen Kaufvertrag zu Grunde liegen, hat der Gesetzgeber die Einzelheiten des Vertrages im Bürgerlichen Gesetzbuch explizit definiert. In § 311b BGB ist festgeschrieben, dass ein Kaufvertrag nur dann wirksam wird, wenn bei Vertragsabschluss ein Notar anwesend ist und daran mitgewirkt hat.  



Gesetzestext – auszugsweise aus BGB § 311b, 1

Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

Welche Spielräume schafft das Beurkundungsgesetz für die Vertragsprüfung?

Der Gesetzgeber schützt die Interessen der Vertragsparteien eines Grundstückkaufvertrages dahingehend, dass er Käufer und Verkäufer unter § 17 Beurkundungsgesetz eine Frist von 14 Tagen zur Vertragsprüfung einräumt. Den Vertragsparteien wird dadurch die Möglichkeit gegeben, den zu schließenden Vertrag sowie die daraus resultierenden Konsequenzen innerhalb dieser 14 Tage sorgfältig zu prüfen. Diesen Zeitraum, vor dem anstehenden Beurkundungstermin, soll ein Käufer dazu nutzen können, sich über Zustand und Qualität der Immobilie ein Bild zu machen. 



Der Gesetzgeber geht davon aus, dass den Vertragsparteien mit dieser Frist ausreichend Zeit eingeräumt wurde, sich nachhaltig mit der gesamten Tragweite des Kaufvertrages und dessen Inhalt zu befassen. Damit wird entgegengewirkt, den Vertragsparteien ein Rücktrittsrecht einzuräumen. Auch in diesem Kontext greift der Grundsatz „Keine Regel ohne Ausnahme“.

Wer haftet im Falle nicht angezeigter Mängel?

In Immobilienkaufverträgen wird häufig festgeschrieben, dass der Käufer das Objekt sorgfältig und hinreichend geprüft hat und er über den Objekt-Zustand informiert ist. Im Kaufvertrag wird dementsprechend häufig Folgendes ausgeschlossen: 

  • Die Haftung des Verkäufers für Mängel. Dies gilt selbst für Mängel, die erst später auftreten oder entdeckt werden. 

Eine Ausnahme entsteht demnach auch nicht für Mängel, die bei der gründlichen Immobilienbesichtigung lediglich nicht offensichtlich wurden. Dem Verkäufer drohen im Einzelfall haftungsrechtliche Konsequenzen, kann ihm arglistiges Verschweigen nachgewiesen werden. Dieser Tatbestand ist erfüllt, hatte der Verkäufer Kenntnis von Schäden oder Mängeln am Grundstück, die er bewusst verschwiegen hat. 

Vorsicht Immobilienverkäufer versuchen nicht selten durch Verschweigen wertmindernder Schäden oder Mängel, einen höheren Preis für ihre Immobilie zu erzielen. Ein solches Vorenthalten von Informationen kann vertraglich auch nicht von der Haftung ausgeschlossen werden. 

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Welchen Anspruch auf Schadenersatz kann ein Käufer geltend machen?

Kann ein Käufer dem Verkäufer rückwirkend nachweisen, dass diesem der Mangel oder Schaden bekannt war, trägt der Verkäufer die kompletten finanziellen Konsequenzen. Der Käufer kann Folgendes fordern:  

  • Er kann vom Kauf zurücktreten
  • Er kann Schadenersatz verlangen
  • Er kann die Beseitigung der Mängel auf Kosten des Verkäufers verlangen

Im Falle eines Vertragsrücktritts muss der Verkäufer dem Käufer sämtliche Kosten, die durch den Immobilienerwerb entstanden sind, erstatten. Darüber hinaus trägt der Verkäufer auch die Kosten für die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Grundbuch- und Notarkosten.

Welche Schadenshöhe berechtigt den Käufer zum Rücktritt?

Der BGH erkennt selbst in einem in Relation zum Kaufpreis geringen Mangel und einem bewussten Verschweigen des Mangels eine Pflichtverletzung des Verkäufers. Mit Urteil vom 24.03.2016 (Az. V ZR 173/05) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass selbst ein Wasserschaden, der nur etwa 2.500 Euro Beseitigungskosten verursacht, den Käufer zum Rücktritt berechtigt. Darüber hinaus wurde der Verkäufer zur Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie zur Rückerstattung der Erwerbskosten an den Käufer verpflichtet. Im Urteil wurde der Verkäufer 

  • zur Rücknahme der Immobilie
  • zur Rückzahlung des Kaufpreises inklusive Erstattung der Kaufnebenkosten
  • zur Übernahme der dem Käufer entstandenen Vorfälligkeitsentschädigung des früher abgelösten Kredits
  • zur Übernahme der Rückabwicklungskosten 

In dem geschilderten Fall waren keine Maklerkosten für eine Vermittlung angefallen. Wären diese jedoch entstanden, hätte der Verkäufer auch diese übernehmen müssen.

Haftungsvermeidung Je expliziter Sie mögliche Mängel gegenüber einem Käufer aufzeigen, umso geringer ist das Risiko, später haftbar gemacht zu werden. Fertigen Sie aus Gründen einer möglichen Beweisführung eine Liste an, auf der Sie alle Ihnen zu diesem Zeitpunkt bekannten Mängel dezidiert aufführen und lassen Sie sich die Kenntnisnahme dieser Punkte durch den Käufer abzeichnen.  

Was hat es mit der Beschaffenheitsvereinbarung auf sich?

Ein Immobilienkauf lebt zu einem beachtlichen Teil von Emotionen. Werden jedoch allzu positiv geschilderte Vorzüge einer Immobilie in den Notarvertrag mit aufgenommen, gelten diese als sogenannte „Beschaffenheitsvereinbarungen“, die den Verkäufer an die dargelegte Qualität binden. Stellen sich diese Beschreibungen im Nachhinein als unwahr oder geschönt heraus, haftet der Verkäufer für die gemachten Zusicherungen. Eine zugunsten des Verkäufers formulierte Enthaftungsklausel, die üblicherweise in Notarverträgen aufgenommen wird, kann daran auch nichts ändern. Ein Verkäufer sollte sich vorab ganz genau überlegen, welche Beschaffenheitsvereinbarungen er im Vertrag zusichern möchte. Käufer hingegen sollten sich gut überlegen, wofür der Verkäufer letztlich haften soll. Dazu hat der BGH einen Leitsatz aufgestellt: 

(BGH vom 06.11.2015 – V ZR 78/14)

„Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstückes oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Käufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.“ 



Die Entscheidung des BGH gründet sich auf Angaben, die ein Verkäufer sowohl in einem Exposé als auch in einem Internetangebot bezüglich der Wohnungsgröße gemacht hatte. Diese Angaben wurden jedoch nicht im notariellen Kaufvertrag festgehalten und führten daher zu einer Abweisung der Klage auf Schadenersatz durch die Käufer.

Verwendung und Eignung der Immobilie

Wofür der Verkäufer allerdings in jedem Fall haftet, ist die Eignung der Immobilie zum erwartenden Gebrauch. Dies bedarf keiner expliziten Festschreibung im Notarvertrag sondern ergibt sich aus den im BGB allgemeinen Regeln des § 434.



Hier gilt der Grundsatz: Eine Sache – auch Grundstücke und Immobilien -  sind dann frei von Sachmängeln, wenn sich die Sache „für die gewöhnliche Verwendung eignet“. Dies greift beispielsweise, lässt sich ein Haus nicht ausreichend beheizen, so das Oberlandesgericht Karlsruhe im Urteil vom 18.06.2014  - 9 U 184/10. Die ausreichende Beheizbarkeit eines Hauses muss nicht explizit im Kaufvertrag festgeschrieben sein, als dass ein Käufer davon ausgehen kann, dass dieser Umstand gewährleistet ist.

Wofür kann der Verkäufer haftbar gemacht werden?

Veräußert ein Verkäufer eine Immobilie mit Einliegerwohnung, die nicht genehmigungsfähig ist und für die es keine Baugenehmigung gibt, steht der Verkäufer in der Haftung. Hatte der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs „greifbare“ Anhaltspunkte dafür, dass die Einliegerwohnung baurechtlich nicht zulässig war, haftet er auch ohne die ausdrückliche Vereinbarung im Kaufvertrag (OLG Zweibrücken vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12). 



Wurden Mängel an einer Immobilie arglistig verschwiegen und hat der Verkäufer gegen seine Verpflichtung zur Aufklärung verstoßen, steht er in der Haftung. Selbst im Kaufvertrag kann eine solche Haftung nicht ausgeschlossen werden. Ein solch arglistiges Verschweigen zu beweisen, liegt allerdings beim Käufer, also dem Geschädigten. Um den Beweis zu führen, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: 

  • es muss tatsächlich ein Sachmangel vorliegen
  • der Verkäufer muss nachweislich Kenntnis des Mangels gehabt haben
  • der Verkäufer ist seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen
  • der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen
Expertentipp Versetzen Sie sich als Verkäufer in die Entscheidungsfindung des Käufers hinein und geben ihm alle für die Kaufentscheidung relevanten Informationen. Halten Sie im Kaufvertrag fest, dass der Käufer Kenntnis über alle mitgeteilten Mängel hatte und der Kaufpreis auf Grundlage dieser Informationen von beiden Vertragsparteien vereinbart worden war.

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